- Kultur
- Rezo
»Safe, alter«
Weniger Schnittgewitter, weniger Analyse: Das neue Zerstörungsvideo von Rezo
»Wie krass wir alle einfach besser den Job machen könnten als die. Safe, alter.« Der Youtuber Rezo ist sich sicher: Sie und ich könnten ein besseres Pandemie-Management aufsetzen, als die uns regierenden Politiker. 13 Minuten lang ist das neuste Video des 28-Jährigen. Im Gegensatz zu anderen Rezo-Videos, die einem Schnittgewitter gleichen, ist dieses beinahe aus einem Guss, weil ursprünglich live eingesprochen auf der Streamingplattform Twitch.
Der Youtuber greift insbesondere das Spitzenpersonal von CDU und CSU an. Von A wie Astra über M wie Maskengate bis hin zu Zeneca: Die Liste der Verfehlungen in der Corona-Politik ist ebenso lang, wie die Konsequenzen daraus als dünn zu benennen sind. Das Gewicht einer solchen Attacke ist dabei nicht zu unterschätzen: Über 1.750.000 Million Follower versammelt Rezo auf seinem Hauptkanal bei Youtube, Millionen weitere auf anderen Kanälen. Die Statistiken von YouTube Analytics zeigen, dass die Zuschauerschaft von Rezos bekanntestem Video, Die Zerstörung der CDU, beinahe zur Hälfte aus 18- bis 24-Jährigen bestehen soll. 18 Millionen Menschen haben das Video inzwischen angesehen, der Medienforscher Christoph Engemann sah in dem Beitrag nicht weniger als ein Indiz für »eine Ablösung von einer dominanten Schriftkultur«.
Rezo fokussiert in seinem neusten Video, dass auf Youtube den Titel »REZO zerstört Corona-Politik« trägt, besonders auf zwei Punkte: Das Fehlen einer mittelfristigen Perspektive, welche die Politik aufzeigen hätte müssen. Das Hangeln von Lockdown zu Lockdown zu Lockdown Light zu Brückenlockdown und dazwischen oftmals nichts außer dem Prinzip Hoffnung, diese Politik hat viel Vertrauen und Motivation zur Pandemiebekämpfung zunichtegemacht, wie Rezo richtig kritisiert.
Zum zweiten würde sich unter vielen der einzelnen Absurditäten in der Corona-Politik eine »tief sitzende Respektlosigkeit vor wissenschaftlichen Erkenntnissen« zeigen. Nicht-Handeln, worauf sich Politiker aus Rezos Sicht gerade zurückziehen, sei in einer Krise »das Schlimmste«. Der Verdacht, dass es der Plan vieler Politiker*innen war, nur irgendwie ins Frühjahr zu kommen, um dann wie durch ein Wunder die Pandemie durch die Frühlingsluft weggeweht zu sehen, ist durchaus richtig. Die Analyse von Rezo, die meist »Dummheit« als ursächlich für die Verfehlungen ankreidet, ist aber längst nicht so fein, wie in anderen seiner Videos.
Berühmt geworden, zumindest über den Kreis der Youtube-Aficionados hinaus, ist Rezo durch ein Film, in dem er äußerst präzise die politischen Verfehlungen der Regierungsparteien CDU und CSU aufgreift. Die jüngste, 13 Minuten lange Anklage ist anders. Sie ist weniger eine fundierte journalistische Recherche, als welche sich einige von Rezos Videos durchaus einordnen lassen, sondern eine Wutrede. Sie ist der Rat eines Psychologen an seine Klienten, einmal auf den Berg hinterm Klinikgelände zu gehen und laut aufzuschreien. Angesichts der Untätigkeit, mit welcher die Politik der dritten Corona-Welle begegnet, angesichts dem Gefühl, dass die meisten Bürger*innen sich an die Corona-Schutzmaßnahmen halten, so gut es für sie eben geht, während die Politik in allen Bereichen, in denen ihr Handeln gefordert wäre, eklatant versagt, hat das durchaus eine befreiende Wirkung.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.