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Stadt, Land, Müll, Verkehr
Reaktivierung der Eisenbahn von Zossen nach Königs Wusterhausen soll nicht nur Passagieren nutzen
»Hier liegt ein Gleisanschluss, der Verkehr sollte auf die Schiene«, sagt Carsten Preuß. Hinter dem Politiker, der Co-Vorsitzender der gemeinsamen Fraktion der Linken mit der SPD in der Zossener Stadtverordnetenversammlung ist, thront ein riesiger Portalkran, mit dem Container zwischen Bahn und Lkw umgeladen werden können. Der Güterbahnhof wurde bis 2012 von der Berliner Stadtreinigung (BSR) genutzt, um Hausmüll und Bauschutt zur Deponie Schöneicher Plan zu transportieren. In den ehemaligen Tongruben wurde seit über 100 Jahren Abfall aus der Hauptstadt entsorgt, auch zu Mauerzeiten nahm die DDR gerne den Müll des Klassenfeindes aus West-Berlin an, schließlich winkten dafür wertvolle Valuta.
Seit 2005 ist die größte Deponie der BSR offiziell stillgelegt. Doch die Anlieferung von Bauschutt sowie Schlacke aus dem Berliner Müllheizwerk Ruhleben läuft munter weiter. »Vor dem Bau der Oberflächenabdichtung muss die Deponieoberfläche so profiliert werden, dass das Oberflächenwasser im freien Gefälle über die Entwässerungseinrichtungen in die Versickerungsbecken fließt«, lautet die Begründung dafür auf der Internetseite der Berliner Senatsumweltverwaltung. Derzeit läuft ein Planfeststellungsverfahren, um 2,2 Millionen Kubikmeter zusätzlichen Aschen und Schlacke deponieren zu können. Das wären über 80.000 Lkw-Fahrten auf den rund 60 Kilometern zwischen Ruhleben und dem Zossener Ortsteil Schöneiche.
Auch für Christian Görke, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Brandenburger Landtag, ist klar, dass der Verkehr auf die Schiene muss. Zwar ist die Eisenbahnstrecke von Zossen über Mittenwalde nach Königs Wusterhausen seit 2015 offiziell stillgelegt. »Aber die Gleise liegen noch und die Strecke ist noch nicht entwidmet«, erklärt der Politiker. Das seien gute Voraussetzungen, um vergleichsweise zügig - also spätestens 2030 - den Verkehr wieder aufzunehmen. Görke, wie auch die Kommunalpolitiker Carsten Preuß und Max Reimann von der Zossener Linken, denken natürlich vor allem an den Personenverkehr. Aber der Landtagsabgeordnete sieht »Synergien, die man nutzen könnte«, wenn auch auf den Schutttransport per Schiene gedrängt wird.
»So eine Wiederinbetriebnahme kostet über den Daumen gepeilt 500.000 bis 600.000 Euro pro Kilometer«, sagt Görke. Bis zu neun Millionen Euro würden also für die 15 Kilometer zwischen Zossen und Königs Wusterhausen fällig werden. »Das Land Brandenburg müsste aber nur zehn Prozent davon zahlen, der Bund fördert die Wiederinbetriebnahme von Eisenbahnstrecken inzwischen zu 90 Prozent«, so der einstige märkische Finanzminister. Er geht davon aus, dass mindestens 300 Fahrgäste pro Tag die Verbindung nutzen würden, nach seinen Angaben die Schwelle, ab der eine Bahnverbindung wirtschaftlich sein kann. »Mit dem Auto brauchen sie nicht mal eine halbe Stunde zwischen Zossen und Königs Wusterhausen, mit dem Zug muss man über Berlin fahren. Das dauert dreimal so lange«, erklärt er. Selbst der selten verkehrende Bus braucht mindestens 40 Minuten.
Aus Berlin ist Marion Platta angereist. Sie ist umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Sie ist grundsätzlich skeptisch, was die Deponierung der Schlacke betrifft. »Berlin hat sich das Ziel gesetzt, Zero-Waste-City zu werden«, sagt sie. Um dementsprechend keinen Müll zu produzieren, könne man »nicht einfach die Schlacke hier abkippen«. Vielmehr müsste man sich Verfahren zur Aufbereitung des Materials ansehen, um es für den Straßen- oder Radwegebau wiederzuverwenden.
Die BSR zeigt sich wenig offen. »Sowohl auf dem Standort des Müllheizkraftwerks als auch auf der Deponie befinden sich weder ein Gleisanschluss noch eine Ver- und Entladeanlage für Aschen. Vor diesem Hintergrund ist eine Verlagerung der Transporte auf die Schiene nicht möglich«, erklärt Sprecher Thomas Klöckner knapp auf nd-Anfrage.
Christian Görke ist dennoch von der Reaktivierung überzeugt. Allein schon, um Ausweichmöglichkeiten für die in absehbarer Zeit komplett ausgelasteten Magistralen gen Berlin zu schaffen. Er sieht sogar Chancen für die Reaktivierung der Bahn zwischen Zossen und Jüterbog, die am einstmals für den neuen Hauptstadtairport ins Auge gefassten Standort Sperenberg vorbei führt. »Zusammen mit der komplett reaktivierten Brandenburgischen Städtebahn könnten die Westbrandenburger Städte der sogenannten zweiten Reihe als eine Art zweiter Außenring miteinander verbunden werden«, schwärmt er. »Ich muss selbstkritisch sagen, dass wir die Dynamik der Verkehrswende nicht richtig abgebildet haben, als wir noch in Regierungsverantwortung waren«, räumt Görke ein. »Für die Verkehrswende muss man auch die Nebenstrecken einbeziehen«, so seine inzwischen gereifte Erkenntnis.
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