Luca-App: Nachts im Zoo Osnabrück

Fehlkonzeption bei der Luca-App sorgt für Daten, die bei der Pandemiebekämpfung nutzlos sind

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit der App aus der Pandemie - das scheint derzeit für viele ein verlockendes Angebot zu sein. Für die Luca-App rührte der Rapper Smudo von der Gruppe »Die Fantastischen Vier« fleißig die Werbetrommel in Talkshows, wie Anne Will und Maischberger.

Die Kontaktdaten, die Betreiber von Restaurants und Geschäften derzeit verpflichtend sammeln müssen, sollen in der Luca-App gespeichert werden. Wer war wie lange an welchem Ort? Kommt es dazu, dass die Person eine Coronainfektion erleidet, dann kann sie die gesammelten Daten für das jeweilige Gesundheitsamt freigeben, damit mögliche Kontakte gewarnt und zum Test einbestellt werden können. In der Theorie eine gute Sache, doch in der Praxis versagt die App, trotz bislang über 3,1 Millionen Downloads aus den App-Stores. Einer der Gründe für die wachsende Kritik: Die App funktioniert über einen zentralen Server und nicht, wie bei der Corona-Warn-App im vergangenen Jahr eingefordert und nach hefiger Kritik aus der IT-Szene dann auch umgesetzt, nur auf dem Smartphone selbst. Ein zentraler Server wirft die Frage auf, wie sicher die Daten sind und wer Zugriff darauf bekommt. Die Macher der App beteuern, die Daten seien verschlüsselt. Alles sicher.

Doch das Konzept hakt. Nachdem »nd« bereits in der vergangenen Woche Nutzerhinweisen nachgegangen ist, dass das Bild eines QR-Codes eines Klinikums in Rostock im Netz für falsche Log-ins offen zur Verfügung stand, reagierte die IT-Beauftragte auf den Hinweis des »nd« und ließ das via Twitter verbreitete Bild entfernen. In der Nacht zu Mittwoch stieß dann der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann auf einen QR-Code des Zoos Osnabrück und motivierte sein Publikum zum virtuellen Zoobesuch via Luca-App. Einige Hundert schlossen sich ihm an.

Letztlich entstand so eine große Anzahl von Datensätzen, deren Fehlerhaftigkeit aufgrund der nächtlichen Besuchszeit sicherlich auffallen wird. Nachdem die Luca-App-Entwickler darauf aufmerksam wurden, rieten sie dem Zoo Osnabrück dazu, einen neuen QR-Code zu erstellen, so ein Mitarbeiter der PR-Agentur, die für das Start-up »culture4life« für die Luca-App wirbt, im Gespräch mit dem »nd«. In einer Pressemeldung spielt man den Vorfall herunter. Kein Gesundheitsamt der Welt werde 100 Leute kontaktieren, die nachts in einem Zoo waren, heißt es. Offenbar setzen die Macher da drauf, dass einzelne falsche Daten keine Wirkung entfalten können. »Wir kennen alle das Modell der Käsescheiben, die aneinander gereiht werden. Jede Scheibe hat Löcher, aber hintereinander wird der Käse dicht.« Doch das Problem der falschen Datensätze bleibt, denn sie verursachen in weniger eindeutigen Fällen dann zusätzlichen Aufwand für die ohnehin überlasteten Gesundheitsämter.

Der Berliner Unternehmer und Journalist Enno Lenze startete am Mittwoch einen vergleichbaren Test via Twitter. »Ich habe einfach nur ein Event erstellt, um die App zu testen«, sagte Lenze und staunte über mehrere Hunderttausend Log-ins, die offenbar mit automatisiertem Zugriff binnen weniger Stunden entstanden. Noch verwunderlicher: Plötzlich wurde sein Event gelöscht und die App war unbenutzbar. Lenze berichtet, dass er durch die notwendige Neuinstallation alte Datensätze verlor, und fragt sich, ob die Luca-Entwickler die Löschung vornahmen. Im Gespräch mit der PR-Agentur verneint man diese Möglichkeit. Lenze habe schlicht die maximale Anzahl für eine private Veranstaltung erreicht. Die Luca-Entwickler haben darauf reagiert und für privat erstellte Veranstaltungen nur noch maximal 50 Log-ins vorgesehen. Ein Test dieser Angabe, den »nd« am Donnerstag durchführte, konnte das reproduzieren, jedoch war jeweils nur ein Teil der maximal 50 Nutzer auch namentlich erfasst.

Gegenüber der »Tagesschau« kritisierte die Linke-Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg, dass mehrerer Bundesländer die »Luca«-Software ohne Ausschreibungsverfahren angekauft hatten. »Das ist hochgradig unkoscher gelaufen«, so Domscheit-Berg. Zahlreiche weitere Anbieter seien nicht berücksichtigt worden. Ein Verstoß gegen das Kartell-, wie auch das Vergaberecht sei auch in Pandemiezeiten nicht hinnehmbar.

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