Umstrittene Spitze
NRW-Linke wählt Sahra Wagenknecht im Konflikt auf Platz der Bundestagsliste
Berlin. Sie ist eine der prominentesten, seit Jahren aber auch eine der streitbarsten und umstrittensten Persönlichkeiten der Linkspartei: Sahra Wagenknecht wurde am Wochenende erneut an die Spitze der Linke-Landesliste Nordrhein-Westfalen für die Bundestagswahl gewählt. Doch noch nie war ihre Nominierung so umkämpft wie in diesem Jahr. Letztlich setzte sich die frühere Fraktionsvorsitzende bei der Listenwahl am Sonnabend in Essen mit 61 Prozent der Delegiertenstimmen durch. Das ist das mit Abstand schlechteste Ergebnis Wagenknechts - im Wahljahr 2013 war sie mit 94 Prozent an die Spitze der Landesliste gewählt worden, vier Jahre später waren es immerhin noch 80 Prozent. Damals, im Jahr 2017, gab es bereits heftige Auseinandersetzungen über Äußerungen von Wagenknecht zur Migrationspolitik. Die kritischen Debatten hatten sich fortgesetzt, nachdem Wagenknecht 2018 versucht hatte, mit »Aufstehen« eine eigene politische Bewegung ins Leben zu rufen.
Angesichts dieser Vorgeschichte hatten Wagenknecht-Kritiker aus dem nordrhein-westfälischen Linke-Landesverband mit der Kölnerin Angela Bankert eine Gegenkandidatin ins Rennen geschickt. Auf der Wahlversammlung in Essen meldete auch die junge Klimaaktivistin Hannah Harhues ihre Bewerbung an. Sie kritisierte bisher bekannt gewordene Passagen aus dem neuen Buch Wagenknechts mit dem Titel »Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm für Gemeinsinn und Zusammenhalt«, das in dieser Woche erscheinen soll. Darin setzt sich Wagenknecht unter anderem polemisch mit identitätspolitischen Konzepten auseinander. Sie kandidiere, so Harhues, »weil ich es nicht akzeptiere, als queere Person von Sahra in ihrem Buch als Teil einer ›skurrilen Minderheit‹ mit ›Marotten‹ beleidigt zu werden«. Wagenknecht bezeichnete den an sie gerichteten Vorwurf, rechte Ansichten zu vertreten, als »krank«. Ihr Buch enthalte Vorschläge, wie die Linke wieder mehr Zustimmung erreichen könne. Der von Wagenknecht in dem Buch indirekt angegriffene Ex-Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger erklärte laut Medienberichten, wenn man für eine Partei kandidiere, dann müsse es »selbstverständlich sein, dass man die Grundposition dieser Partei vertritt«. wh Seite 4
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