- Kommentare
- #pinkygloves
»Pinky Gloves« stellt Produktion ein
Das Start-up hätte durch die Erkenntnis, welch ein Quatsch das Produkt ist, sein Ende finden müssen. Nicht durch Drohungen, meint Birthe Berghöfer
Es fing alles amüsant an: »Let‘s change the World for woman« dachten sich zwei Männer, gründeten ein Start-up und erfanden ein vermeintlich revolutionäres Produkt: pinke Einmalhandschuhe, mit denen menstruierende Personen ihre Tampons und Binden hygienisch und diskret entsorgen können. Alles total stylisch. Nach einem Shitstorm im Netz haben die beiden nun verkündet: »Wir hören auf mit #pinkygloves.« Zunächst hatten die Jungunternehmer bei der Vox-Show »Die Höhle der Löwen« eine Finanzspritze des Investors Ralf Dümmel bekommen, der sich – selbst nicht mehr im menstruierfähigen Alter – ganz begeistert von der Idee zeigte. Nun heißt es: »Gemeinsam mit Ralf haben wir uns dazu entschieden, dass die Pinky Gloves vom Markt genommen werden und haben hierfür entsprechend alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet. Wir stellen sämtliche Einkaufs- und Vertriebsaktivitäten ein.«
Der Grund: Neben der berechtigen Kritik an dem »Periodenprodukt« erhielten die beiden und ihre Familien wohl auch Gewalt- und sogar Morddrohungen – und das ist natürlich nicht berechtigt. Besser wäre es gewesen, die Produkte einfach in den Supermarktregalen verstauben zu lassen. In der Zwischenzeit hätte man sich weiter an mehr schlecht als rechten Erklärungsversuchen der beiden selbsternannte Frauenversteher erheitern können. Etwa, als sie noch zu Beginn der Kommentar-Welle bemerkten, »dass es ernstzunehmende Kritikpunkte« an ihrem Produkt gibt: die massive Umweltverschmutzung zum Beispiel und die Tabuisierung der Menstruation.
So hat auch die aktuelle Erklärung trotz der ernstzunehmenden Bitte, mit Attacken und Beschimpfungen auf offener Straße aufzuhören, einen Funken Komik: Offenbar glauben die beiden, mit ihrem Produkt eine Debatte über die Periode angestoßen zu haben. Bereits vor gut einer Woche schrieben sie auf Instagram: »Das Gute an der aktuellen Situation ist, dass die Periode und ihre politischen Aspekte dadurch viel Aufmerksamkeit bekommen und der wichtige gesellschaftliche Diskurs jetzt breit geführt wird. So gibt es jetzt eine schnelle Aufklärung und in kürzester Zeit viel Wissenszuwachs.« Danke Eugen und André für diesen unbeabsichtigten Dienst.
Die Menstruation kann lästig sein. Noch lästiger aber sind weiße Cis-Dudes, die pinke Einweghandschuhe zur »diskreten« Entsorgung von Periodenprodukten erfinden, meint Julia Trippo.
Auch wenn mit der Einstellung der Produktion nun eine ganze Menge unnötiger Müll vermieden werden kann. Befriedigender wäre gewesen zu sehen, wie zwei Typen, die ein Problem erfinden, um die Lösung zu verkaufen, nach und nach merken, dass ihre Lösung das Problem ist. Und, dass man Tampons und Binden auch ganz gut ohne Handschuh entsorgen kann.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.