Stimmen verlieren und Sitze gewinnen

Die Linke könnte bei der Bundestagswahl Prozente einbüßen, aber dennoch mehr Mandate erhalten

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir haben vier starke Leute, aber nur zwei erste Plätze«, bedauert Brandenburgs Linke-Landesvorsitzende Katharina Slanina. Am Samstag nominiert die Partei in Paaren im Glien ihre Landesliste für die Bundestagswahl am 26. September.

Für Listenplatz eins bewirbt sich auch der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller. Als Spitzenkandidaten schlagen Landesvorstand und Landesausschuss jedoch den Landtagsabgeordneten und Ex-Finanzminister Christian Görke vor. Für Listenplatz zwei empfiehlt der Vorstand die Landesvorsitzende Anja Mayer, die den Landesverband gemeinsam mit Katharina Slanina führt. Der Landesausschuss rät dagegen, die Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg zu nominieren.

Am Ende entscheiden das die Delegierten. Es könnte sich bis zuletzt noch jemand anderes melden. Unter den zwölf bislang abgegebenen Bewerbungen findet sich aber keine weitere für die beiden ersten Listenplätze. Die übrigen Männer wollen sich allesamt ab Platz vier ins Rennen einschalten, die übrigen Frauen ab Platz fünf - mit zwei Ausnahmen. Isabelle Czok-Alm, Kreisvorsitzende im Barnim, interessiert sich bereits für Platz drei und Anne-Frieda Reinke bewirbt sich für eine Position erst ab Platz sieben.

»Wir wollen vier Mandate für den Landesverband verteidigen«, sagt die Landesvorsitzende Katharina Slanina. »Das ist unser Ziel, vielleicht schaffen wir sogar fünf.« Slanina fügt hinzu: »Aber das kann sich morgen schon wieder ändern.«

Die Prognose hängt nicht zuletzt von den bundesweiten Umfragewerten der CDU ab. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die Linke in Brandenburg 17,6 Prozent der Stimmen erhalten und vier Sitze im Bundestag bekommen. Bei der Landtagswahl 2019 erzielte die Partei nur 10,7 Prozent. Bei einem ähnlich enttäuschenden Ergebnis im September dürfte es eigentlich nur für zwei Sitze im Bundestag reichen.

Doch die komplizierte Berechnung und Verteilung der Mandate führt dazu, dass die Linke jetzt mit weniger Stimmen mehr Sitze erringen könnte. Denn die CDU hat bundesweit an Zuspruch eingebüßt, gewinnt aber voraussichtlich immer noch eine sehr große Zahl von Wahlkreisen und Direktmandaten. Um das auszugleichen, könnte es eine erneute Rekordzahl von Überhangmandaten geben. Der Bundestag würde sich auf bis zu 856 Abgeordnete aufblähen - wovon auch die Linke in Brandenburg profitieren würde.

Der Bundestag ist jetzt schon das zweitgrößte Parlament der Welt nach dem chinesischen Volkskongress. In den Berliner Parlamentsgebäuden wäre übrigens kein Platz für über 850 Abgeordnete und ihre Mitarbeiter. Aber das steht auf einem anderen Blatt. Die Möglichkeit, dass die märkische Linke je nach Lage zwischen zwei und fünf Mandate gewinnen könnte, erklärt das Gedränge um die ersten zwei beziehungsweise die ersten vier oder fünf Plätze.

»Christian Görke und Anja Mayer sind für mich das richtige Spitzenteam«, erklärt Slanina. »Wie weiter mit unserem Gesundheitssystem ist eine der zentralen Fragen für diesen Wahlkampf. Und für dieses Thema steht Anja Mayer - auch mit ihren persönlichen Erfahrungen. Christian Görke ist nach wie vor eines der bekanntesten Gesichter der Brandenburger Linken. Und als ehemaliger Finanzminister ist er der Richtige, um die Frage zu beantworten, wer für diese Krise zahlen soll.«

Doch Anke Domscheit-Berg habe mit ihren Kompetenzen beim Thema Digitalisierung fast ein Alleinstellungsmerkmal für die Linke. Und Norbert Müller habe mit der Kinder- und Jugendpolitik auch ein wichtiges Thema in dieser Zeit, räumt Slanina ein.

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