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Feiern mit Neonazis
Ein Sozialträger sieht unter seinen Cottbuser Mitarbeitern keine Rechtsextremen
Es kommt darauf an, was man sehen will. Stehen auf den Bildern, die in sozialen Medien geteilt werden, nur sportbegeisterte, muskelbepackte Männer zusammen? Oder handelt es sich um Personen, die sich in den einschlägigen Kreisen des extrem rechten Cottbuser Rocker- und Kampfsportmilieus bewegen? Vielleicht sitzen auf einem anderen Bild die drei Männer, deren Namen »nd« bekannt sind, nur zufällig bei einer »Weihnachtsfeier« einer Gruppe, die sich Provocateur MC nennt, in einem Cottbuser Restaurant im Dezember 2019?
Sie sitzen neben Martin Miethke, ebenfalls Mitglied von Provocateur MC. Miethke galt als umtriebiger Neonazi aus der Gegend und war »tief verwurzelt in einer extrem gewalttätigen Szene aus Rechtsextremen, Rockern und Kampfsportlern«, wie Kira Ayyadi auf dem Zivilgesellschafts-Forum Belltower News schreibt. War – denn der 31-Jährige wurde wenige Monate nach der Feier am 1. März 2020 im Cottbuser Puschkinpark mehrfach angeschossen und verstarb dort an seinen schweren Verletzungen. Der Mord gilt als nicht aufgeklärt, die Polizei geht von mehreren Tätern aus. Ein Jahr zuvor war auch Miethke von einer lokalen Großrazzia gegen rechtsextreme Hooligans in Cottbus betroffen (»nd« berichtete). Es ging um Ermittlungen gegen die »Kampfgemeinschaft Cottbus« wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Laut Brandenburger Verfassungsschutz umfasste die »Kampfgemeinschaft Cottbus« im Jahr 2018 etwa 115 Personen und galt als eher loser Zusammenschluss von Rechtsextremen aus dem Hooligan-, Kampfsport-, Security- und Türstehermilieu. Beteiligte sollen auch ehemalige Aktivisten der inzwischen verbotenen rechtsextremen Hooligangruppe »Inferno Cottbus« sein.
Um Martin Miethke trauerte man bei Provocateur MC mit den Worten: »Auch wenn der Himmel dich nicht nimmt und die Hölle dich fürchten wird, so sehen wir uns in Walhalla, im Reich der Krieger wieder.« Zu der Gruppe gehören laut deren Facebook-Auftritt, auf dem unter anderem die Bilder der »Weihnachtsfeier« zu finden sind, auch die drei Männer – die noch bei einem weiteren Online-Auftritt gemeinsam anzutreffen sind: auf der Webseite des Sozialträgers Amos soziale Hilfen gGmbH.
Der in Berlin ansässige, relativ kleine Verein ist im Bereich der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe tätig. Er unterhält neben seinem Standort in Berlin-Kreuzberg auch einen in Cottbus. Die drei Männer, ausgebildete staatlich anerkannte Erzieher beziehungsweise Heilerziehungspfleger, sind in Teilzeit und als Minijobber beschäftigt. Seit ein bis zwei Jahren währt in allen drei Fällen das Beschäftigungsverhältnis.
Baris Hampe, seit August 2020 zuständiger Standortleiter der Amos gGmbH in Berlin und Cottbus, wurde von der Information, dass die drei sich im rechtsextremen Spektrum der Lausitzmetropole bewegen sollen, schon vor einigen Monaten in Kenntnis gesetzt. »Wir nehmen das sehr ernst und sind dem sofort nachgegangen«, sagt Hampe zu »nd«. Geschäftsführer Heinz-Otto Krug habe umgehend das Gespräch gesucht.
Heinz-Otto Krug, ansässig in Niedersachsen, führt die Geschäfte von Amos mit Unterbrechungen seit 2015. Auch sein Sohn Joonas Krug aus Hannover war laut Handelsregister zwischenzeitlich Geschäftsführer der Amos gGmbH, gab den Posten aber im Jahr 2017 wieder ab – zum Zeitpunkt der Eröffnung der zweiten Niederlassung in Cottbus. Er ist Jahrgang 1984 und trieb als Jugendlicher Boxsport.
Baris Hampe sagt, einer der Männer habe im Gespräch »sehr authentisch« versichert, kein rechtsextremes Gedankengut zu teilen. »Bestimmte Fotos würde er heute nicht mehr machen«, habe er erklärt. Dieser hat aber 2017, so wie Martin Miethke auch, für die in Cottbus residierende rechte Modefirma Label 23 posiert.
Auch mit einem weiteren der drei Männer gebe es keine negativen Erfahrungen, erklärt Hampe. Dieser sei in Projekten gegen Rassismus engagiert, soweit er wisse. »Ich habe mich nie unwohl mit den Mitarbeitern gefühlt«, so Hampe zu »nd«. Ein Ergebnis der Gespräche seien Stellungnahmen, in denen sich die drei Betroffenen »von jeglichem demokratiefeindlichen Handeln distanzieren«, berichtet Hampe. Man sei weiterhin sehr sensibel und habe die Angelegenheit »nicht im Schnellverfahren abgetan«.
Barbara Eschen ist Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, unter deren Dach die Amos soziale Dienste gGmbH tätig ist. Sie hält die Vorwürfe für bedenklich. Man vertrete eine klare Haltung gegenüber menschenfeindlichen Einstellungen, auch wenn es die eigenen Mitglieder betreffe.
»Man kann sich nicht vor das Kronenkreuz stellen und über Ausländer schimpfen, wie wir das in einem anderen Fall schon erlebt haben«, sagt Eschen zu »nd«. Sie verweist auf die intensive Beschäftigung innerhalb der Diakonie mit demokratiefeindlichen Einstellungen. »Wir bieten den Mitarbeiter*innen unserer Mitgliedseinrichtungen nicht nur verschiedene Weiterbildungsangebote zu dem Thema an, wir haben die Bedingungen für ein demokratisch ausgerichtetes Arbeitsklima auch als Verband in unsere Leitlinien aufgenommen. Wir erwarten von unseren Mitgliedern, dass sie diese Haltung auch in ihren Einrichtungen umsetzen.«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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