Angeblich lauter »Linksextremisten«

Die AfD versucht, Demokratieprojekte in Misskredit zu bringen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams Frankfurt (Oder) arbeitete früher für zwei Radiostationen, die angeblich zu freundlich über angebliche »Linksextremisten« berichtet haben. Deshalb sei der Mitarbeiter angeblich Linksextremist und das ganze Beratungsteam gleich mit - samt dem übergeordneten Demos-Institut für Gemeinwesenberatung. So zumindest, berichtet Demos-Geschäftsführer Markus Klein, versuche die AfD, Demokratieprojekte in Verruf zu bringen, damit diesen Projekten die Fördermittel gestrichen werden.

»Nach monatelangen Recherchen liegen uns Erkenntnisse vor, dass im Rahmen der sogenannten Demokratieförderung große Beträge in linksextremistische Strukturen fließen«, behauptete kürzlich AfD-Landtagsfraktionschef Christoph Berndt. Der Abgeordnete Daniel Freiherr von Lützow fügte hinzu: »Es ist schon absurd: Die Landesregierung pumpt jedes Jahr mehrere Millionen Euro in Vereine, die zum Teil offen mit linksextremen Gruppen zusammenarbeiten.« Die Masche ist nicht neu. So macht es die AfD in Kreistagen, Landtagen und im Bundestag schon seit etlichen Jahren. Immer wieder werden parlamentarische Anfragen gestellt oder Pressemitteilungen verschickt, die ganz offensichtlich darauf abzielen, engagierte Personen und Initiativen in Misskredit zu bringen. Auch die Landtagsabgeordneten Isabelle Vandré (Linke) und Ricarda Budke (Grüne) wurden schon als »Linksextremistinnen« hingestellt.

Dabei werden gern Fälle angeblicher Verschwendung von Steuermitteln angeprangert. So wollte die AfD durch eine parlamentarische Anfrage im Landtag erfahren, warum ein interreligiöser Kalender des Vereins Neues Potsdamer Toleranzedikt im Jahr 2015 noch 12 000 Euro Fördermittel erhielt, im Jahr 2020 dann aber fast doppelt so viel? Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) konnte das leicht beantworten: Die Druckkosten, die Seitenzahl und die Auflage sind gestiegen. Auf eine Frage nach »gewaltbereiten Linksextremisten« in Brandenburg antwortete Innenminister Michael Stübgen (CDU), die Zahl könne dem Verfassungsschutzbericht entnommen werden. Im Vergleich zum gewaltbereiten Rechtsextremismus sei sie gering.

Das Institut für Gemeinwesenberatung und mit ihm das Mobile Beratungsteam arbeiten schon seit 1998 im Auftrag des Landes und im Rahmen des Handlungskonzepts »Tolerantes Brandenburg«. Kostenlos wird informiert, wie mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit umgegangen werden kann. Hilfe erhalten etwa Eltern, die in Sorge sind, dass ihre Kinder in die Naziszene abrutschen.

In Märkisch-Oderland gab es vor Kurzem einen vom Mobilen Beratungsteam moderierten Gesprächsabend, bei dem die Zivilgesellschaft überlegte, wie sie auf Corona-Proteste reagieren kann, die in dieser Gegend von der AfD angemeldet werden.

Aktuell sucht das Demos-Institut zwei Berater zu Verschwörungserzählungen über die Corona-Pandemie. »Angesichts aktueller Entwicklungen erweitern wir unser Beratungsangebot«, heißt es in der Ausschreibung der beiden Stellen, die zum nächstmöglichen Zeitpunkt besetzt werden sollen. »Ziel ist es, Menschen, die in ihrem sozialen Nahfeld mit verschwörungsideologisch geprägten Weltbildern konfrontiert sind, durch Beratung und Begleitung zu unterstützen.«

Demos-Geschäftsführer Markus Klein glaubte im Fall des als Linksextremist verunglimpften Mitarbeiters übrigens, wegen falscher Tatsachenbehauptungen juristisch gegen die Anschuldigungen vorgehen zu können. Er musste sich jedoch von Rechtsanwälten belehren lassen, dass auch Derartiges noch unter dem Stichwort Meinungsfreiheit durchgehe.

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