Im Endspurt mehr Zeit für Pflegereform
Bundeskabinett will sich vor der Sommerpause noch auf Regelung zu Tariflöhnen einigen
In ihrem Ringen um neue gesetzliche Regeln für die tarifliche Bezahlung in der Altenpflege ist die Bundesregierung auch am Mittwoch bis Redaktionsschluss nicht vorangekommen. Am Dienstag hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch betont, dass es ihm um »richtige Tariflöhne« gehe. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der vergangenen Woche seine Zuversicht geäußert, dass es zu den Löhnen in der Pflege noch vor dem Sommer einen Kompromiss geben werde, der tarifliche oder »tarifähnliche« Löhne sicherstelle.
Ursprünglich hatte das Thema im Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungs-gesetz geregelt werden sollen, das aber in dieser Sitzungswoche wieder von der Tagesordnung des Bundestages heruntergenommen wurde. Dafür wurde für den 31. Mai nun eine außerplanmäßige Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages angesetzt, danach könnte das Gesetz immer noch vor der Sommerpause im Plenum des Hauses behandelt werden.
Der Dissens zwischen den Ministern besteht unter anderem darin, dass Heil nicht einen niedrigen Haustarifvertrag aus einem Bundesland wie etwa Sachsen als Grundlage für einen künftig bundesweit gültigen Tarifvertrag festlegen will. Das könne zu Lasten von Menschen gehen, die schon nach vernünftigen Tarifen bezahlt werden. Spahn hatte hingegen auf »ortsübliche« Tarife verwiesen.
Finanziert werden müssten höhere Löhne durch einen Mix aus Mitteln der Pflegeversicherung und Steuermitteln. Auch darüber wird noch verhandelt. So gibt es eine Forderung von Abgeordneten nach mindestens drei Milliarden Euro Steuerzuschuss an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im kommenden Jahr. Der Minister wollte aber nur eine Milliarde zur Verfügung stellen. 2020 hatte es erstmalig einen Steuerzuschuss von 1,8 Milliarden für die Pflegeversicherung gegen, in diesem Jahr sollen es 1,3 Milliarden Euro sein. Ab dem nächsten Jahr, so forderte Spahn unlängst, aber schon 5,1 Milliarde Euro. Martin Litsch vom AOK-Bundesverband hatte für 2022 einen finanziellen Mehrbedarf von 4,5 Milliarden Euro ausgemacht.
Der Gesundheitsminister wollte zudem auch die Eigenanteile in der stationären Pflege in einem bestimmten Zeittakt staffeln. Sein Vorschlag würde aber nur wenigen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen helfen, da sie erst im zweiten Jahr einer Heimunterbringung greifen - und die Verweildauer dort in der Regel kürzer als zwölf Monate sei. Dem Gros der Pflegebedürftigen, die zu Hause und meist von ihren Angehörigen allein versorgt werden, würde diese Maßnahme überhaupt nichts bringen.
Gegen einen Tarifzwang ziehen die Arbeitgeber zu Felde. Ihnen wäre es am liebsten, wenn das Reformvorhaben vollständig zu Grabe getragen wird. In ihrem am Mittwoch verabschiedeten Pflegebericht hatte die Bundesregierung darauf verwiesen, dass die Gehälter für Pflegekräfte bereits mit der bisherigen Gesetzgebung verbessert worden seien.
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