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Ohne Selbstbestimmung
JEJA NERVT: Viele verfolgten die Abstimmung des »Transsexuellengesetzes« mit großer Hoffnung. Und was macht die SPD?
Der Bundestag hat am Mittwoch alle Anträge von Grünen, FDP und Linken abgelehnt, die für Selbstbestimmung und Gerechtigkeit für Trans und Inter gesorgt hätten. Insbesondere wegen der zwei von Grünen und FDP eingebrachten Selbstbestimmungsgesetze dürften bundesweit viele queere Menschen die Debatte mitsamt ernüchterndem Abstimmungsergebnis verfolgt haben. In der Community macht sich Verzweiflung, Trauer und Resignation breit: Viele hatten tatsächlich gehofft, dass die fortdauernde Entrechtung und Freigabe von Gewalt und Diskriminierung in den letzten Jahren ausreichend Aufmerksamkeit bekommen hatte, so dass selbst die SPD aus Regenbogenworten auf Twitter auch Regenbogentaten folgen lassen würde.
Die Regelungen hätten die menschenrechtswidrigen, teuren und entwürdigenden Zwangsgutachten von transgeschlechtlichen Menschen abgeschafft. Von diesen haben Betroffene immer wieder berichtet, dass unter dem Vorwand der »Begutachtung« sexuelle Übergriffe und Belästigungen Alltag gewesen sind. FDP-Mann Jens Brandenburg begann seine Rede im Parlament entsprechend wie folgt: »Tragen Sie eigentlich Damenunterwäsche?« »Wie masturbieren Sie denn?« - und untertrieb damit die Realität sogar noch. Betroffene berichten davon, dass sie weit übergriffigere Fragen hätten beantworten, ihre Körper vor den »Experten« präsentieren oder sogar sich ausziehen müssen. Ganz legal. Die Begutachtungen - die übrigens von vorn beginnen, wenn man bei der Krankenkasse Operationen bezahlt bekommen möchte - stellen eine Situation sexueller Vulnerabilität her, die ihresgleichen sucht. Alles im Namen des gesunden Volksempfindens, das sich einen weißen Kittel umgeworfen hat.
Wie ich warten viele Menschen darauf, endlich ihren Vornamen und ihren Geschlechtseintrag ändern zu dürfen - weil sie zu große Angst vor der menschenverachtenden Prozedur haben, als nichtbinäre Personen so tun müssten, als wären sie Männer respektive Frauen oder sich schlicht die erheblichen Kosten nicht leisten können. Ich weiß von Menschen, die momentan Tränen vergießen, weil sie wirklich gehofft hatten, dass sich in dieser Woche endlich etwas ändert. Jens Brandenburg wusste das auch, als er am Mittwoch sagte: »Ich weiß, dass transgeschlechtliche Jugendliche und ihre Eltern heute dieser Debatte folgen« und darüber sprach, welches Leid diese Zuschauer*innen hoffen, los zu werden.
Doris Achelwilm von der Linkspartei hatte sich dafür eingesetzt, dass die unter Zwang durchgeführten Operationen an Trans und Inter endlich entschädigt werden - und sich der Bund bei diesen Zehntausenden entschuldigt. Der OP-Zwang für Trans wurde 2011 durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben, das im Übrigen das gesamte »Transsexuellengesetz« durch ganze sechs Urteile bereits als das gekennzeichnet hat, was es ist: ein Verstoß gegen die Grundrechte. Intersexuelle Säuglinge dürfen seit dieser Legislatur in einigen Fällen endlich nicht mehr operativ einem Geschlecht vermeintlich »zugewiesen« werden - ein Verbot, in das die Union gerade noch Ausnahmen einschleusen konnte, denn so ganz kann man auf geile geschlechtsspezifische Gewalt ja nun wirklich nicht verzichten. Die am Mittwoch verhandelten Anträge hätten auch diese Praxis endlich beendet. Sie hätten darüber hinaus einige weitere Regelungen zum Schutz vorgenommen, etwa die Aufnahme des Anspruchs auf medizinische Leistungen ins Sozialgesetzbuch. Obwohl wissenschaftlich evident ist, dass Operationen eine sehr gute Wirksamkeit in der Linderung von Leiden haben und wortwörtlich Menschen vor dem Tod retten, wird aus einem Menschenrecht eine milde Gabe, für die Betroffene bis heute bei allerlei Autoritätspersonen betteln und sich bücken müssen. Es ist ekelhaft.
Kein Selbstbestimmungsgesetz - Julia Trippo über die fortgesetzte Diskriminierung von trans Personen
Ein Unionsmann schaffte es, eiskalt über Behandlungszahlen zu lügen und noch - mit Ach und Krach, denn es »muss« ja irgendwie gehen - die Bemühungen von Trans und Inter mit »Pädophilie« in Verbindung zu bringen. Leuten dieses psychosexuellen Kalibers schloss sich die SPD schließlich mit ihrem Nein an.
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