• Berlin
  • Imkermeister an der FU

Im Dienste der Stadtbienen

Benedikt Polaczek ist seit 33 Jahren Imkermeister an der FU Berlin - nun läuft seine letzte Schwarmzeit

  • Anja Sokolow, dp
  • Lesedauer: 3 Min.

Vorsichtig nimmt Imkermeister Benedikt Polaczek ein Rähmchen mit Bienen aus dem Kasten. Junge Bienen purzeln ins Gras und auf sein Hemd. Vorsichtig setzt er sie wieder zurück. »Sie sind noch zu schwach zum Fliegen, und wenn wir sie nicht ins Volk zurücksetzen, sterben sie«, erklärt der 64-Jährige.

Die Schwarmzeit steht an. Bienenvölker teilen und vermehren sich. Um zu verhindern, dass sich ein Volk unkontrolliert einen neuen Platz sucht, müssen Imker die Völker rechtzeitig kontrollieren und zur richtigen Zeit umsetzen. Für Polaczek ist das Routine. »Ich diene den Bienen jetzt seit 55 Jahren, davon 33 Jahre an der Freien Universität«, sagt der gebürtige Schlesier, der schon als Kind seinem Vater beim Imkern half.

»Ich habe einen super Arbeitsplatz«, sagt Polaczek. Mitten im Grünen, auf dem Gelände des Fachbereichs Veterinärmedizin in Düp᠆pel, befindet sich einer der drei Bienen-Stand᠆orte der Freien Universität (FU): ein Holzhäuschen, Tische und Bänke für Seminare im Freien, Informationstafeln für Besucher, daneben Bienenkästen. Nebenan grasen Kühe.

Ende des Jahres geht der Angestellte des Instituts für Veterinär-Biochemie in Rente. »Ich habe 45 Berufsjahre geschafft und möchte auch keine Ämter mehr«, sagt der langjährige Vorsitzende des Imkerverbands Berlin.

Hunderte Hobbyimker besuchen jährlich seine Kurse an der FU. Polaczek zeigt auch Kita- und Schulkindern regelmäßig, woher der Honig kommt. »Der Nachwuchs ist doch unsere Zukunft«, sagt er. Bei ihm lernen zudem angehende Berufsimker. Wobei viel zu wenige junge Leute diesen Beruf wählen.

Auch angehende Veterinärmediziner und Amtstierärzte werden an der FU aus- und fortgebildet. »Damit sie den Umgang mit Bienen lernen und wissen, was sie tun«, erklärt Ralf Einspanier. Der Professor des Instituts für Veterinär-Biochemie leitet die Bienengruppe und bietet für Studenten zwei Wahlpflichtkurse zur Bienenkunde an. In der regulären Tierarztausbildung komme diese recht kurz.

»Das Interesse ist sehr groß, wir haben für unsere Kurse immer deutlich mehr Anmeldungen als Plätze«, sagt Einspanier. Jährlich können den Kurs demnach nur zwölf der 190 Studenten besuchen. »Wir überlegen deshalb, das Angebot auszubauen«, sagt er. Der Bedarf sei da: Immer wieder gebe es in Berlin Krankheitsausbrüche in Bienenvölkern, müssten Amtsärzte wichtige Entscheidungen treffen. »Es geht immer um die Frage, ob Völker saniert werden können oder getötet werden müssen«, ergänzt Benedikt Polaczek.

»Vor allem die meldepflichtige Amerikanische Faulbrut tritt in bestimmten Bezirken immer wieder auf«, so Einspanier. Sein Institut forsche unter anderem nach den Ursachen und Möglichkeiten einer Vorbeugung.

Laut Polaczek gibt es 10 000 Bienenvölker in Berlin, darunter 3000 von nicht organisierten Bienenhaltern. An Bienen mangele es nicht. Sorgen machten ihm Halter, die glaubten, ein Internetkurs und ein Kasten am Balkon oder auf dem Dach genügten. Immer wieder gebe es Probleme, nicht nur mit Krankheiten, der Witterung, der die Bienen schutzlos ausgeliefert seien, oder Nachbarn, die sich belästigt fühlten. Polaczek berichtet von Völkern, die unkontrolliert schwärmen, sich an Ampeln, Fahrrädern oder in Jalousiekästen niederlassen. Um dies zu verhindern, sei Erfahrung nötig.

Polaczek hat sich schon vor Jahren für einen Qualifikationsnachweis für Imker ausgesprochen. Doch eine solche Pflicht ist nicht in Sicht. Die Berliner Umweltverwaltung hat 2019 eine Bienenstrategie erarbeitet, um die Bienengesundheit zu fördern. Ein Teil der Strategie ist die Entwicklung von Mindeststandards für die imkerliche Qualifikation. Auch die 2020 neu geschaffene Bienen-Koordinationsstelle an der FU gehört dazu.

Polaczek freut sich, dass die Lobby für die Bienen - immerhin nach Rind und Schwein das drittwichtigste Nutztier - in Deutschland gestärkt wird. Eine direkte Nachfolgerin für ihn werde es auch geben. Die Imkerei will er aber nicht aufgeben. »Ich möchte sie doch auch meinen vier Enkeln vermitteln«, sagt der künftige Rentner.

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