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Lobbyismus schützt nicht vor Abschwung
Wirtschaftsleistung sank wegen einbrechenden Konsums zu Jahresbeginn um 1,8 Prozent
Peter Altmaier macht alles, damit es »der Wirtschaft« gut geht. Nach den ersten Lockerungen habe er mit einem gültigen Test vergangene Woche Blumen für den Garten gekauft, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Dienstag der »Bild«-Zeitung. »Ich freue mich darauf, dass ich auch bei den Modehändlern wieder Krawatten kaufen kann, dass ich wieder Hemden kaufen kann.« Schließlich ist für Altmaier Shoppen nicht bloß Shoppen, sondern eine »patriotische Aufgabe«, wie er immer wieder betont.
Doch auch der ganz persönliche Einsatz des CDU-Politikers konnte nicht verhindern, dass die Wirtschaftsleistung angesichts der Corona-Pandemie jüngst wieder einbrach. Von Januar bis März ist das Bruttoinlandsprodukt gegen über den letzten drei Monaten des Vorjahres preisbereinigt - also nach Abzug der Inflation - um 1,8 Prozent gesunken, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.
Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist dies ein Minus von 3,1 Prozent. Gegenüber dem vierten Quartal 2019, also dem letzten Quartal vor Beginn der Corona-Krise, war die Wirtschaftsleistung sogar um 5,0 Prozent geringer, wie die amtlichen Statistiker*innen in Wiesbaden berechneten.
Deutschland steht damit im internationalen Vergleich recht schlecht da. Während die italienische und die spanische Volkswirtschaft vergangenes Jahr deutlich stärker unter der Pandemie litten, sank dort das Bruttoinlandsprodukt im Frühjahr um lediglich 0,4 beziehungsweise 0,5 Prozent. Insgesamt belief sich das Minus in der Eurozone auf 0,6 und in der EU auf 0,4 Prozent. Die USA hingegen konnten ein Plus von 1,6 Prozent verzeichnen.
Der Grund für den Einbruch der deutschen Wirtschaftsleistung liegt im Konsum. Weil die Geschäfte aufgrund der Kontaktbeschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie seit kurz vor Weihnachten größtenteils wieder dicht waren, wurde weit weniger geshoppt als sonst üblich. Und wegen geschlossener Hotels und Restaurants war an Urlaub und Essengehen dieses Jahr bis vor kurzem nicht zu denken.
Die Folge: Während das Volumen der Ausfuhren um 1,8 Prozent zulegte, brachen die privaten Konsumausgaben im Frühjahr um 5,4 Prozent ein. Besonders heftig traf es dabei laut dem Statistischen Bundesamt die Unterhaltungsbranche und die Gastronomie, die aus Gründen des Infektionsschutzes quasi im Komplett-Lockdown waren.
Hinzu kommt, dass nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes die breite Bevölkerung die Folgen der Krise zu spüren bekommt, während viele Unternehmen und Vermögende ihre Gewinne wieder steigern konnten. Die Arbeitnehmerentgelte gingen um 0,4 Prozent zurück, während die Unternehmens- und Vermögenseinkommen ersten vorläufigen Berechnungen zufolge um satte vier Prozent stiegen.
So klagten in den letzten Wochen zwar manche Verbände über die stockende Auszahlung der Corona-Hilfen, letztlich hat die Unternehmenslobby aber in Bundeswirtschaftsminister Altmaier einen treuen Verbündeten. Immer wieder sprach er sich in der Vergangenheit gegen schärfere Coronaschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz aus. »Wir sollten die Unternehmen, von denen viele gerade um ihr Überleben kämpfen, nicht zusätzlich mit Zwang und Regulierung bevormunden«, sagte Altmaier etwa im Januar gegenüber der »Zeit« bezüglich der Diskussion, ob die Chefs verpflichtet werden sollten, ihre Beschäftigten ins Homeoffice zu schicken. Auch die Einführung einer Angebotspflicht für Coronatests versuchte er zu verhindern.
Zwar kam die letztlich doch, aber alles in allem verlangte die Bundesregierung im Sinne der Arbeitgeber weitaus weniger Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz als in anderen Teilen des Lebens. So war eine von Bund und Ländern beschlossene Osterruhe, der zufolge Gründonnerstag bis Ostermontag das Wirtschaftsleben fast komplett hätte stillstehen sollen, nach der Intervention der Lobbyisten schnell wieder vom Tisch. Dies ist vermutlich auch eine Erklärung dafür, warum das verarbeitende Gewerbe mit einem Minus von 1,2 Prozent bei der Produktivität im Frühjahr relativ glimpflich davon kam.
Seitdem die Corona-Infektionszahlen wieder sinken, werden die Forderungen der Arbeitgeber nach Lockerungen laut. Und Altmaier bläst - mal wieder - ins gleiche Horn. Am Dienstag forderte der Industrieverband BDI in einem an die Bundesregierung gerichteten Positionspapier ein Ende der Homeoffice- und Testpflicht in den Betrieben. Der Impffortschritt müsse mit einer Rückkehr in einen normalen Geschäftsbetrieb verbunden sein, hieß es darin. Altmaier sekundierte zugleich: »Ich glaube, dass die Idee, dass man zur Normalität zurückkehrt, sicherlich auch bedeutet, dass man dann dort, wo es Sinn macht, auch wieder vor Ort arbeiten kann«, versprach er den Arbeitgebern in der »Bild«. Es werde »Schritt für Schritt weniger Vorschriften« zum Homeoffice geben.
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Beitragen zu der Einstimmigkeit zwischen Wirtschaftsminister und Wirtschaftslobby werden sicherlich auch die zahlreichen Treffen, die es zwischen beiden gibt. Wie etwa Mitte April. Schon da tönte Altmaier: »Es geht jetzt darum, gemeinsam mit der Wirtschaft Maßnahmen zu besprechen, die - sobald es gesundheitspolitisch möglich ist - weitere Lockerungen ermöglichen.« Dabei befand sich das Land am Zeitpunkt des Treffens mit einer Inzidenz von rund 160 noch auf dem Höhepunkt der dritten Welle.
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