Alle würden gern verreisen

Am 11. Juni öffnen in Brandenburg Spaßbäder, Hotels und Pensionen - viele werden schon bald ausgebucht sein

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Seit Dienstag ist es amtlich: Am 11. Juni dürfen in Brandenburg die Spaßbäder wieder öffnen. In dem mit Abstand größten im Bundesland, dem »Tropical Islands« in Brand, wird seitdem fleißig geputzt und die riesige Halle auf Betriebstemperatur gebracht. Während der Schließung der zurückliegenden sieben Monate lief die Heizung nur auf Sparflamme. Die Beschäftigten waren in Kurzarbeit.

Nun kehrten sie zurück, um den Komplex auf den erwarteten Ansturm der Gäste vorzubereiten. Ein Besuch ist nur mit Reservierung möglich. Marketingdirektor Kim Fischer rechnet damit, dass sein Haus bereits Mitte oder Ende Juni für die Sommermonate Juli und August komplett ausgebucht sein wird. Er berichtet davon am Mittwoch bei einem Gespräch der Tourismusbranche, zu dem der Automobilclub ADAC eingeladen hatte.

Auch auf dem Potsdamer »Campingplatz Sanssouci« steht das Telefon seit Dienstag nicht mehr still. Chef Dieter Lübberding erwartet einen »Run« auf die 217 Stellplätze. Mit Blick auf Corona sagt er: »Camping ist die sicherste Art des Reisens. Sie haben immer Abstände. Ich habe noch nie gehört, dass auf einem Campingplatz etwas passiert ist.«

Aber ob sie nun wirklich in den Sommerurlaub fahren können und wenn ja, wohin, da sind sich die Berliner und Brandenburger nicht schlüssig, wie eine Straßenumfrage des Automobilclubs ADAC zeigte. »Urlaub ist noch nicht drin, zu gefährlich«, sagt der eine. Andere wollen nach Dänemark, Marokko oder Portugal oder wenigstens an die Ostsee oder in den Harz. Einer wäre auch schon mit dem Wannsee zufrieden. Andererseits erzählt eine Frau von ihrer Horrorvorstellung, irgendwo anzukommen, wo es dann heiße: »Hier ist Corona.« Und sie müsse im Hotel in Quarantäne sitzen.

Dieter Hütte, Vorstand beim ADAC Berlin-Brandenburg und Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH, wundert das nicht. Genau solche Äußerungen im Spannungsfeld zwischen Angst und Hoffnung habe er erwartet. »Man kann Menschen nicht dauerhaft einsperren«, sagt er. »Sie wollen raus.« Andererseits gebe es viele Fragen, was nun erlaubt ist und was nicht. Hütte liest die aktuellen Regeln für Brandenburg lieber ab, damit er nicht aus Versehen etwas Falsches erzählt.

Hotels und Pensionen dürfen ab 11. Juni Touristen beherbergen, die geimpft, genesen oder negativ getestet sind. In Gaststätten entfällt die Testpflicht für die Biergärten. Aber wenn ein Restaurant zusätzlich seine Innenräume öffnet, müssten auch die Gäste getestet sein, die an einem der Tische draußen Platz nehmen. An einem Tisch dürfen nur Personen aus höchstens zwei Haushalten sitzen.

Statt sich ein Zimmer in einem Hotel zu nehmen, können Urlauber auch ein Hausboot mieten. Bei der Ankunft muss man geimpft, genesen oder getestet sein. Unterwegs auf Seen und Flüssen sind dann keine Tests mehr notwendig. »Auf dem Wasser ist die Ansteckungsgefahr naturgemäß gering«, sagt Stefan Selge von der Vermittlungsplattform bootsreisen24.de. Für Juni sind die Kapazitäten in Brandenburg aber schon zu über 90 Prozent ausgebucht, verrät er. Nach der zwangsweisen Coronapause brummt das Geschäft und Selge vermutet, dass er den ganzen Sommer durcharbeitet und selbst nicht dazu kommt, Urlaub zu machen.

Einsam im Garten ist es auch schön - Andreas Fritsche über Pläne für den Sommerurlaub nach Corona

Was das Personal betrifft, hinterließen die sieben Monate Lockdown Spuren. »Gerade in krisengebeutelten Branchen sind viele Beschäftigte in andere Wirtschaftszweige abgewandert«, sagte Jörg Nolte von der Berliner Industrie- und Handelskammer schon am Dienstag. Das gilt auch fürs »Tropical Islands«. Hier haben einige Beschäftigte gekündigt und sich etwas anderes gesucht. Rausgeworfen wurde niemand, und so konnte der Mitarbeiterstamm im Kern gehalten werden, wie Marketingdirektor Schäfer sagt. Man suche aber noch Personal. Investitionen müssen wegen der Verluste im Lockdown verschoben werden. So werde ein Kinderplanschbecken, das eigentlich schon in Betrieb sein sollte, voraussichtlich erst im kommenden Jahr fertig.

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