Ein Sozialticket, das den Namen verdient

Linksfraktion beantragt ein bezahlbares Mobilitätsticket für 30 Euro im Monat

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Linksfraktion im Landtag setzt sich für ein neues, deutlich billigeres Sozialticket ein. Es gelte, das Recht auf Mobilität auch für einkommensschwache Menschen zu sichern, sagte der Abgeordnete Christian Görke am Dienstag. Das 2008 eingeführte Sozialticket werde dem nicht mehr gerecht. Görke forderte die Absenkung des Preises auf 30 Euro, bei Kindern und Jugendlichen auf 15 Euro, sowie die Gültigkeit für das ganze Land und möglichst auch in Berlin. Das in Berlin geltende Ticket, das 27 Euro im Monat koste, erscheine ihm als angemessenes Vorbild, meinte der Abgeordnete. Den brandenburgischen Haushalt würde ein solches Mobilitätsticket zwölf Millionen Euro im Jahr kosten.

Görke zufolge ist die Zahl der Käufer des Sozialtickets von 180 000 auf 120 000 gesunken. Das führte der Politiker auf den »überbordenden Preis« zurück. Während der Hartz-IV-Satz dem Empfänger von Arbeitslosengeld II 40 Euro für Fahrkosten zubillige, koste das Mobilitätsticket für einen brandenburgischen Landkreis schon fast 47 Euro. Wenn noch andere Landkreise oder die Stadt Potsdam einbezogen werden müssen, »ist man schnell bei 77 Euro«. Laut Görke führt dies dazu, dass »Menschen weiter aussteigen« und den öffentlichen Personennahverkehr seltener oder gar nicht mehr benutzen.

Parallel zur Einführung eines billigen Mobilitätstickets sollen die Langzeitarbeitslosen nach dem Willen der Linken mehr Geld bekommen. »Meine Partei ist für die Anhebung des Regelsatzes für einen Erwachsenen auf 650 Euro«, sagte Görke.

Inga-Karina Ackermann, die Landesvorsitzende des Arbeitslosenverbandes, sagte, zur Grundsicherung gehörten nicht nur Nahrung, Kleidung und Wohnen, sondern auch Mobilität. Bei dieser handele es sich »nicht um ein Luxusgut«. Die sinkende Zahl der Nutzer des Sozialtickets erklärte Ackermann damit, dass sich »viele die Fahrkarte nicht mehr leisten können«. Ein Ehepaar mit einem Kind verfüge nach Abzug der Miete über 1111 Euro, mit denen es alle sonstigen Ausgaben bezahlen müsse, einschließlich Versicherungen, dem »Sparen auf eine Waschmaschine« und eben auch Bus und Bahn. Von dem niedrigen Satz, der für Mobilität vorgesehen ist, müssten auch die Anschaffung eines Fahrrads oder das Benzin und die Steuern für ein Auto bezahlt werden. Das sei aber praktisch nicht möglich. »Diese Menschen dürfen zwar ein Auto haben, die Finanzierung ist aber nicht vorgesehen.«

Der Antrag der Linksfraktion zu einem Mobilitätsticket sieht auch vor, dass »Opfer der DDR-Diktatur in den Kreis der Nutzungsberechtigten« aufgenommen werden, wenn sie »staatliche Unterstützungs- und Entschädigungsleistungen erhalten«. In einem Gespräch mit der Stasi-Landesbeauftragten Maria Nooke habe man erfahren, dass viele Betroffene über wenig mehr als die Mindestunterstützung verfügen, begründete Görke diesen Vorstoß.

CDU-Fraktionschef Jan Redmann wies auf die »angespannte Haushaltslage« hin, deretwegen man »behutsam mit Mehrausgaben umgehen« müsse. Derzeit gebe es Verhandlungen mit dem Land Berlin. Die betreffen unter anderem die kostenlose Fahrradmitnahme in den Zügen. »Wenn die Linken solche Dinge vorschlagen, ohne die Deckungsquelle zu nennen, halte ich davon wenig«, meinte Redmann.

Für die Grünen sagte Fraktionschef Benjamin Raschke, die Priorität liege bei der Ausweitung des Angebots. Raschke fragte: »Was nützt ein billigeres Ticket, wenn der Bus nicht fährt?«

»Alles, was im Bereich Mobilität passiert, muss finanziert werden«, sagte SPD-Fraktionschef Erik Stohn. Man müsse genau überlegen, wo man die Schwerpunkte setze.

Er könne dem Vorschlag der Linksfraktion etwas abgewinnen, meinte der Abgeordnete Philip Zeschmann (Freie Wähler). Zum Erreichen der Klimaziele habe der Verkehr bislang keinen großen Beitrag geleistet, bedauerte er. Doch stehe auch für ihn die Frage: »Was nützt ein verbilligtes Ticket, wenn man es im ländlichen Raum gar nicht nutzen kann?« Es gebe Regionen, in denen bestehe der öffentliche Nahverkehr einzig und allein aus dem Schulbus. Es gelte, den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs insgesamt zu beschleunigen.

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