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Innenminister wollen nach Syrien abschieben
Flüchtlingsinitiativen protestieren gegen die Konferenz der Ressortchefs aus Bund und Ländern
Der baden-württembergische Ressortchef Thomas Strobl (CDU) hat zum Auftakt der Innenministerkonferenz im badischen Rust gefordert, Schutzsuchende auch nach Syrien abzuschieben. »Wir müssen uns darüber unterhalten, ob wir die praktischen Möglichkeiten der Abschiebungen nach Syrien optimieren können«, sagte Strobl der dpa am Rande der Konferenz. Das sei in der Praxis nicht trivial.
Der im Jahr 2012 verhängte generelle Abschiebestopp für Syrien war zum Jahreswechsel auf Betreiben der Innenminister von CDU und CSU ausgelaufen. Das bedeutet, dass die Behörden wieder in jedem Einzelfall die Möglichkeit einer Abschiebung prüfen. Dies soll insbesondere bei schweren Straftätern geschehen und bei sogenannten Gefährdern. Die Sicherheitsbehörden trauen dieser Gruppe schwerste politische Straftaten bis hin zu Terroranschlägen zu.
Verantwortlich für die Abschiebungen sind die einzelnen Bundesländer. Ein halbes Jahr nach Auslaufen des pauschalen Abschiebestopps für Syrien hat die Bundesregierung aber noch keinen Menschen in dieses Land zurückgeschickt. Zuletzt gab es Überlegung, syrischen Staatsangehörigen hohe Haftstrafen zu erlassen, wenn diese zu einer Ausreise in ihren Herkunftsstaat bereit sind.
Die Vorhaben der Innenminister stießen auf Protest. Die Organisation Pro Asyl, die Landesflüchtlingsräte und Jugendliche ohne Grenzen forderten anlässlich der Konferenz ein bundesweites Abschiebungsmoratorium nach Afghanistan und Syrien. Denn beide Länder seien nicht sicher.
In der gemeinsamen Erklärung hieß es, dass die Innenressortchefs Gerichtsurteile ignorieren würden. »Hervorzuheben ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juni. Darin hat dieser die Voraussetzungen, die zur Gewährung subsidiären Schutzes führen, im Vergleich zur Rechtspraxis der Bundesrepublik maßgeblich erweitert. Das hat insbesondere für Geflüchtete aus Afghanistan Konsequenzen - und kann Leben retten«, so die Organisationen. Deutsche Gerichte und Behörden müssten nun sowohl die Gewährung eines Schutzstatus als auch die Praxis der Abschiebungen entsprechend ändern und an die europarechtlichen Vorgaben anpassen.
Die Innenministerkonferenz endet am Freitagmittag. Zeitgleich zur Pressekonferenz werden Protestaktionen des Bündnisses Seebrücke Freiburg gegen die Flüchtlingspolitik erwartet.
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