Alle im Blick
Einst gehörte er zu den engsten Vertrauten Benjamin Netanjahus, nun hat er ihn zu Fall gebracht - ziemlich unerwartet, denn Israels neuer Regierungschef Naftali Bennett und seine siebenköpfige Fraktion Jamina sind überzeugte Rechte. Um die Jahrtausendwende verdiente der heute 49-Jährige mit Hightech Millionen. Nachdem er im Libanon-Krieg 2006 gekämpft hatte, wurde er Büroleiter Netanjahus, wobei die Partnerschaft schon früh Risse zeigte: Während Netanjahu striktes Lagerdenken propagiert, Linke und Araber*innen als Gefahr für die Sicherheit des Staates bezeichnete, vertrat Bennett die Ansicht, die Regierung müsse alle Bürger*innen im Blick haben.
An die Macht verhalf im Jair Lapid, dessen zentristische Zukunftspartei die zweitgrößte Fraktion nach Netanjahus Likud bildet. Lapid machte frühzeitig klar, dass er zwar regieren, aber nicht zwangsläufig Regierungschef sein will, und Bennett bot sich zumindest für den ersten Teil der Legislaturperiode als der bessere Regierungschef an. Er unterstützt als überzeugter Rechter zwar die Siedlerbewegung, sagte aber 2019 dem Armeeradio, dass eine Regierung möglichst viele gesellschaftliche und politische Strömungen an der Macht beteiligen müsse.
So fordert er sowohl verstärkten Siedlungsbau und die Annexion von Teilen der Palästinensergebiete als auch eine Ausweitung der Befugnisse der palästinensischen Autonomiebehörde und die israelische Staatsbürgerschaft für die dort lebenden Palästinenser*innen - ein Tabu für andere Rechte, die darin eine Gefahr für die jüdische Natur des Staates sehen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften lehnt er ab. Und verdammt dennoch jene rechten Rabbiner, die Homosexualität öffentlich als widernatürlich bezeichnen. Gegen die Hamas fordert er indes ein hartes Vorgehen, gar die außergerichtliche Tötung von Attentäter*innen. Die Einführung der Todesstrafe lehnt er aber ab.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.