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Ministerium verbietet Neonazi-Gruppe

Razzien gegen Kameradschaft »Nationale Sozialisten Rostock« - Linke fordert konsequente Umsetzung

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 4 Min.

Aus ihren Einstellungen hat sie nie einen Hehl gemacht. Die Neonazi-Kameradschaft »Nationale Sozialisten Rostock« (NSR) zeigte auf dem eigenen Facebook-Profil Fotos von Adolf Hitler, in der eigenen Telegram-Gruppe fanden sich Bilder mit Messern und Teleskopschlagstöcken - generell warb man relativ unverhohlen für »Leibeszucht«, Straßenkampf und den politischen Umsturz. »Nur ein Volk, das rein und gesund ist, kann leben, hat eine Berechtigung weiter zu leben, hat das Recht, Kinder, gesunde Kinder, in die Welt zu setzen«, propagierten die Faschisten, die Drogen vehement ablehnen und eine »gesunde Lebensweise« einfordern. Beim Training zeigten sie sich mit schwarz-weiß-roten Sturmhauben.

Die Mitglieder der selbst imaginierten »wehrhaften Kampfgemeinschaft« nahmen dazu auch an Neonazi-Kampfsporttreffen wie dem »Kampf der Nibelungen« teil, luden aber ebenso zum öffentlichen Kampfsporttraining in der Region ein. Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Peter Ritter, sah in der Gruppe ein »militant-faschistisches Netzwerk«, der Verfassungsschutz hatte regelmäßig über die Kameradschaft berichtet.

Zumindest mit der offenen politischen Arbeit könnte es für die Neonazis nun schwieriger werden. Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern hat am Donnerstag die Gruppe verboten. In diesem Zusammenhang seien am frühen Morgen vier Wohnungen und Arbeitsstätten in Rostock, Güstrow und im Bereich Wismar von rund 50 Beamten des Landeskriminalamtes durchsucht worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. Die Zahl der Mitglieder liege nach Schätzung des Ministeriums im zweistelligen Bereich. Die »Nationalen Sozialisten Rostock« sind den Behördenangaben zufolge eine seit mehr als zehn Jahren aktive Kameradschaft. Sie wurden 2008 erstmals und seitdem kontinuierlich im Verfassungsschutzbericht genannt. Die Vereinigung trete auch unter den Bezeichnungen »NSR« und »Aktionsblog« auf. Zu ihr gehöre auch die Teilorganisation »Baltik Korps«.

Die »NSR« und ihr Anfang 2019 gegründeter kampfsportlicher Arm »Baltik Korps« richten sich nach Überzeugung des Innenministeriums gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. »Folglich habe ich die Kameradschaft verboten«, erklärte Innenminister Torsten Renz (CDU) und kündigte an: »Ich werde auch in Zukunft den Rechtsextremismus entschlossen bekämpfen, das heutige Verbot steht für null Toleranz.«

»NSR« und »Baltik Korps« hatten den Ermittlern zufolge ein weitverzweigtes Netzwerk innerhalb der extrem rechten Szene aufgebaut, das auch über die Landesgrenzen hinausreiche. Seit Jahren seien sie die prägende Struktur der rechten Szene in Rostock gewesen. Ein »offenes« Kampfsporttraining im April 2019 habe aber auch im Szeneobjekt »Thinghaus« in Grevesmühlen im Landkreis Nordwestmecklenburg stattgefunden, was die Vernetzung der Gruppe innerhalb der extrem rechten Szene unterstreiche.

Von Festnahmen war bis zum Redaktionsschluss jedoch nichts bekannt. Als Kopf des »Baltik Korps« gilt laut Medienberichten und antifaschistischen Kreisen David M. aus Güstrow. M. war trotz seiner politischen Aktivitäten in der Boxabteilung eines Güstrower Sportvereins als Trainer tätig, zeitweise auch für Jugendliche; später fand er Arbeit in der Tourismuszentrale seines Wohnortes. Über Ergebnisse der Hausdurchsuchungen will das Innenministerium zeitnah informieren.

Mit dem Verbot der »NSR« wurde nach Einschätzung der Plattform Endstation Rechts eine der aktivsten und gefährlichsten Kameradschaften im Nordosten verboten. »Personen, die ›NSR‹ und ›Baltic Korps‹ zuzurechnen sind, waren in vergangenen Jahren an zahlreichen Übergriffen beteiligt«, erklärte der Opferberatungsverein Lobbi.

»Endlich reagiert das Innenministerium mit dem Verbot der ›NSR‹ auf die völlig enthemmte und unverhohlene Gewaltpropaganda der Neonazi-Kameradschaft«, sagte nach dem Verbot Peter Ritter. Die Linke weise seit Jahren insbesondere auf die Gefahr des wehrsportähnlichen Zusammenschlusses »Baltik Korps« hin, betonte der Politiker. Die vermeintlich harmlosen Kampfsporttrainings seien in Verbindung mit den öffentlich geäußerten »Tag X«-Fantasien Vorbereitungen auf den Umsturz des demokratischen Systems.

»Mit einem Verbot allein lässt sich jedoch das Problem nicht grundsätzlich lösen«, betonte Ritter. Die Protagonisten organisierten sich nach vorherigen Behördenmaßnahmen häufig wieder in anderen Zusammenschlüssen. Mitglieder der Kameradschaft trainierten dazu in unpolitischen Kampfsportvereinen. Das Verbot müsse konsequent umgesetzt und mögliche Aktivitäten zur Wiederbetätigung bereits im Ansatz unterbunden werden, forderte Ritter.

Das Verbot der »NSR« ist Innenminister Torsten Renz zufolge das dritte Vereinsverbot des Landes Mecklenburg-Vorpommern nach dem Verbot der »Mecklenburgischen Aktionsfront« am 20. Mai 2009 und des »Schwarze Schar MC« am 13. Dezember 2013.

Ob die Neonazis tatsächlich ernsthafte Probleme bekommen, bleibt abzuwarten. Auf ihrem Telegram-Kanal geben sie sich trotzig: »Wir sind verboten - na und?! Der Auftrag bleibt!«, schreiben sie dort. Mehr als 2000 Menschen folgen dem Kanal.

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