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Ausbildungsmarkt ist krisengeplagt
Trotz anziehender Konjunktur und einiger freien Stellen in verschiedenen Branchen sind viele Azubis noch nicht versorgt
Noch ist die Coronakrise in der Region nicht ausgestanden. Für junge Schulabgängerinnen und -abgänger zeigen sich die Krisenauswirkungen aktuell auch auf dem Ausbildungsmarkt. Am 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Besonders arg gebeutelt wurde die Hotellerie: Allein in diesem Wirtschaftssegment sank in Berlin die Anzahl der Auszubildendenplätze von einst 1600 auf lediglich 200 in diesem Jahr ab. »Wir haben eine aktuelle Problemlage Ausbildung und Corona«, räumt Alexander Schirp, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg, am Dienstag auf einer Pressekonferenz ein. Um kündigungsbedrohte Azubis aufzufangen, hatte Rot-Rot-Grün sogar selbst Ausbildungshotels aufgemacht.
Konjunktur belebt Ausbildungsmarkt
Schwierigkeiten hat die Coronakrise auch für die Vermittlung von Auszubildenden mit sich gebracht, weil die klassischen Ausbildungsmessen, Praktika und Präsenztermine, auf denen sich junge Menschen und Unternehmen früher austauschten, nicht stattfanden. »Das Matchingproblem hat sich verstärkt«, sagt Schirp. Insgesamt 3600 offene Stellen gebe es in der Region.
Die regionalen Unternehmerverbände sind allerdings zuversichtlich, dass die anziehende Konjunktur wieder zu Zuwächsen bei Ausbildungsstellen führen wird. Ein Lichtblick ist etwa die Ansiedlung von Tesla in Grünheide bei Berlin, von der sich die Unternehmer versprechen, dass zeitnah einer der größten Ausbildungsbetriebe in Brandenburg entstehen könnte. Die Unternehmer glauben sogar, dass die Situation auf dem Ausbildungsmarkt trotz der Pandemie besser ist, als viele vermuten. Schließlich würden die Betriebe aktuell für insgesamt 13 600 Stellen Nachwuchskräfte suchen. »Wenn wir es schaffen, die freien Stellen bestmöglich zu besetzen, wird es einen Corona-Jahrgang 2021 in der dualen Ausbildung nicht geben«, behauptet Schirp. In den meisten Wirtschaftsbranchen sei das Ausbildungsengagement der Unternehmen ungebrochen, so der Verbandsvertreter.
Dass die Unternehmen in der Region vieles tun, um junge Menschen eine Arbeitschance zu offerieren und den sogenannten Fachkräftemangel einzudämmen, darauf verweist auch Gerd Woweries, der Geschäftsführer des ABB-Ausbildungszentrums in Berlin-Pankow. »Was von der Politik behauptet wird, die Unternehmen stellen keine Azubi-Plätze zur Verfügung, das kann ich nicht bestätigen«, betont Woweries. Insgesamt 750 Azubis werden in dem Zentrum derzeit betreut, neben ABB lassen 180 Unternehmen aus der Region an diesem Ort ausbilden. Derzeit werden 18 Berufe vermittelt, darunter der des Fachinformatikers, der Werkzeugmechanikerin und des Elektronikers für Automatisierungstechnik. Wer meint, das seien klassische Ausbildungsberufe für junge Männer, sieht sich in Pankow eines Besseren belehrt.
»Robotik hat mich schon immer interessiert«, sagt eine 18-Jährige, die 2020 ihr Abitur in Berlin abgelegt hat. Doch statt wie geplant zu studieren, hat sie sich zu einer Ausbildung entschlossen, in der sie ihren Neigungen für Technik, Physik und kreative Arbeit nachgehen kann. In ihrer Auszubildenden-Gruppe ist sie zwar die einzige Frau, aber nach anfänglichen Problemen gibt es inzwischen auch entsprechende Latzhosen und Arbeitsbekleidung in den richtigen Größen. Für die Unternehmerverbände sind solche Beispiele wie die junge technikaffine Frau wichtig. Schließlich gilt es, das »dicke Brett« Stellenwert der Ausbildung zu bohren. Soll heißen: Viele Menschen sagen zwar, dass sie finden, dass eine Ausbildung genauso viel wert ist wie ein Studium, in der Realität wird eine Hochschulausbildung dennoch als höherwertig betrachtet. Aus Sicht der Unternehmensverbände gibt es auch Branchen wie den Pflegebereich, deren öffentlicher Ruf mieser ist als die Wirklichkeit. »Die Gehälter in den Pflegeberufen sind seit 2016 um 21 Prozent gestiegen«, sagt Schirp. In diesem Segment sei der Bedarf »riesig«: 2021 gab es bereits 3300 Azubistellen in diesem Sektor in Berlin, 2020 waren es noch 2200 gewesen. Ähnliche Tendenzen gibt es in Brandenburg. Schirp: »In Coronazeiten ist sichtbar geworden, dass wir zu wenige Menschen in diesen Berufen haben.«
Debatte um Ausbildungsumlage nötig
Für Berlins Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) geht es um mehr. »Am Ende zählen nicht die Angebote, sondern wie viele Ausbildungsverträge tatsächlich abgeschlossen werden«, sagt sie am Dienstag »nd«. Die Arbeitssenatorin erwartet, dass die Unternehmen, die ausbilden können, ihre Verantwortung wahrnehmen und Ausbildungsplätze anbieten. Deshalb brauche es auch die Debatte um die Ausbildungsumlage. »Das könnte in diesen schwierigen Zeiten eine Lösung sein für eine qualitativ hochwertige Ausbildung und eine Berufsperspektive.«
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