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Waldbesetzer dürfen bleiben
Oberverwaltungsgericht erklärt Verbot eines Protestcamps für unzulässig
Magdeburg. Ein Protestcamp in der Altmark gegen den Weiterbau der Autobahn 14 darf vorerst bestehen bleiben. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt am Freitag in Magdeburg und wies damit die Beschwerde des Landkreises Stendal gegen einen Beschluss der Vorinstanz zurück. Das Oberverwaltungsgericht begründete seinen Beschluss mit dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.
Kern des Streits war eine Allgemeinverfügung des Landkreises Stendal von Anfang Juni, wonach alle Arbeiten zur Errichtung des Protestcamps gegen den Weiterbau der A14 im Seehausener Stadtforst sofort einzustellen und Baumhäuser, begehbare Plattformen sowie Zelte zu räumen sind. Dagegen legte eine Aktivistin erfolgreich Widerspruch am Verwaltungsgericht Magdeburg ein.
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Landkreises vor dem OVG blieb nun ohne Erfolg. Auch das OVG sieht das Protestcamp von dem im Grundgesetz verbürgten Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützt. Das Protestcamp sei »geeignet, auf die öffentliche Meinungsbildung zum Autobahnbau einzuwirken«. Dass im Bahnhof des Ortes Seehausen ebenfalls Versammlungen zu dem Thema stattfänden, ändere daran nichts.
Es gebe auch »keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine - nicht mehr durch die Versammlungsfreiheit gedeckte - Unfriedlichkeit des Protestcamps«, erklärte das OVG. Auch der vom Landkreis Stendal geltend gemachte Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen genüge allein nicht, um eine Räumung des Camps anzuordnen.
Zwar komme bei einer konkreten Gefahr für elementare Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit auch die Auflösung einer Versammlung in Betracht. Eine solche konkrete Situation, etwa durch die Gefahr von Waldbränden, habe der Landkreis Stendal allerdings nicht aufgezeigt, betonte das Gericht.
Das OVG wies zugleich ausdrücklich darauf hin, dass das Camp dann nicht mehr dem Schutz der Versammlungsfreiheit unterliegt, »wenn sein Zweck nur noch darin besteht, konkret bevorstehende Bau- oder Vorbereitungsmaßnahmen, wie die Rodung des Waldstücks, durch eine Blockade zu verhindern«. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Gegen die Autobahngegner im Wald, aber auch vor allem die am Bahnhof Seehausenist es in der Vergangenheit sogar verstärkt zu Pöbeleien und Angriffen gekommen - darunter auch Brandstiftung, Sachbeschädigung und Körperverletzung. Wobei die Gruppen am Bahnhof und im Wald zwar im Kern das gleiche Anliegen teilen und durchaus miteinander sympathisieren, aber nicht unbedingt zusammengehören.
Zuletzt hatte ein Unbekannter, der eine Kutte und eine Haube getragen haben soll, die an den rechtsextremistischen Ku-Klux-Klan aus den USA erinnert, am Bahnhof in Seehausen mit einer Softair-Waffe auf Teilnehmer einer Protestveranstaltung geschossen. Dabei waren ein Zwölfjähriger und der 20 Jahre alte Sprecher der Grünen Jugend Altmark leicht verletzt worden. Agenturen/nd
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