Flüchtling klagt erfolgreich gegen umstrittenen Richter

Bundesverfassungsgericht erklärt Richter in Asylverfahren für ungeeignet

  • Lesedauer: 2 Min.

Karlsruhe. Mit rechten Thesen zur Migration sorgte ein hessischer Verwaltungsrichter 2019 für Aufsehen - jetzt hat ein Afghane erfolgreich in Karlsruhe geklagt, weil der Mann in seinem Asylverfahren entschieden hatte. Die Verfassungsrichterinnen und -richter gaben seiner Beschwerde statt, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Der Asylbewerber hatte in Gießen vergeblich einen Befangenheitsantrag gestellt. Dessen Ablehnung sei »offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich«, hieß es.

Der betreffende Verwaltungsrichter hatte im August 2019 einer Klage der rechtsextremen NPD stattgegeben. Dabei ging es um ein Plakat für den Europawahlkampf mit dem Slogan »Stoppt die Invasion: Migration tötet!«. Die Gemeinde Ranstadt hatte die Entfernung angeordnet, die NPD klagte dagegen nach der Wahl. Der Richter hatte geurteilt, das Plakat sei »als die Realität teilweise darstellend zu bewerten«. Die Zuwanderung seit 2014/15 sei geeignet, »auf lange Sicht zum Tod der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu führen«. Dem Gericht seien »Fälle bekannt, in denen Asylbewerber zu Mördern wurden«.

Der Afghane hatte in Gießen beim Verwaltungsgericht geklagt, nachdem sein Asylantrag abgewiesen worden war. Für die Entscheidung war der in die Kritik geratene Richter als Einzelrichter zuständig. Laut Verfassungsgericht hätte dem Befangenheitsantrag zwingend stattgegeben werden müssen.

Dem NPD-Urteil von 2019 stehe »gleichsam auf die Stirn geschrieben, dass der Richter, der es abgefasst hat, Migration für ein grundlegendes, die Zukunft unseres Gemeinwesens bedrohendes Übel hält«. Dass der Verwaltungsrichter der Klage des Afghanen sogar teilweise stattgegeben hatte, ändere daran nichts.

Das Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen, derzeit liegt der Fall beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat zu entscheiden, ob er die Berufung des Afghanen zulässt. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -