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Busfahrt so epochal wie Mondlandung
Uckermärkische Verkehrsgesellschaft rüstet Fuhrpark von Diesel auf Wasserstoff um
Der Busfahrer startet den Motor. Aber es ist nur ein Summen zu hören, außerdem ein leises Rauschen wie von einem Ventilator. Die Lüftungsanlage ist noch etwas überdimensioniert, erklärt Ingenieur Dirk Lehmann von der Clean Logistics GmbH. Bei späteren Modellen werde man dies korrigieren. Die Fahrzeuge werden dann noch weniger Geräusche verursachen. Angetrieben wird der Motor mit Strom aus einer Batterie. Aber es ist kein gewöhnlicher Elektrobus, der zum Aufladen an die Steckdose muss. Mit Wasserstoff aus vier Tanks, die auf dem Dach untergebracht sind, erzeugt eine eingebaute Brennstoffzelle den Strom.
Für Lars Boehme, den Geschäftsführer der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft mbH (UVG), hat dieser Bus lauter Vorzüge. Die im Vergleich zu einem Bus mit Dieselmotor äußerst geringe Lärmbelästigung ist einer davon. Fahrgäste und Anwohner wird das freuen, ist Boehme überzeugt. Ab Ende September soll das Gefährt fahrplanmäßig auf der Linie 468 im Nationalpark Unteres Odertal verkehren - vom Bahnhof in Angermünde nach Schwedt mit Station in Criewen, wo es eine Haltestelle direkt vor dem Besucherzentrum des Nationalparks gibt. Auf dem Hof des Besucherzentrums wird der Bus am Donnerstagmorgen präsentiert.
Von einem »epochalen Ereignis« spricht Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne). »Das klingt etwas überzogen«, weiß er selbst. Schließlich sind in Deutschland im Öffentlichen Personennahverkehr schon etliche Wasserstoffbusse unterwegs, unter anderem in Berlin. Hier sei aber erstmals ein Bus umgerüstet worden - und dass die Verkehrsbetriebe ihre Fahrzeugflotten nicht nur schrittweise bei Neuanschaffungen von Diesel auf umweltverträgliche Technologien umstellen, sondern etwas im Bestand machen, das scheint Vogel wesentlich für den Kampf gegen den Klimawandel. »Die Uckermark kann Vorreiter sein«, ist der Umweltminister überzeugt. 33 000 Busse in Deutschland warten auf einen klimaneutralen Antrieb. »Wichtig ist, dass wir jetzt schnell umsteigen. Wenn man viel Zeit vertrödelt hat, muss man schnell sein.«
Baujahr 2016 ist der Bus und bisher ganz klassisch mit einem Dieselmotor ausgestattet gewesen. Clean Logistics und die E-Cap Mobility GmbH haben ihn umgebaut. Bei einer europaweiten Ausschreibung des Auftrags erhielten sie den Zuschlag. Der zweite Bus der Uckermärkischen Verkehrsgesellschaft steht schon auf dem Betriebsgelände in Winsen (Luhe) bei Hamburg und wird ebenfalls umgerüstet. Das soll europaweit der erste Fall sein. »Das erfüllt mich mit Stolz«, sagt Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). »Das steht uns gut zu Gesicht.«
Dirk Graszt von Clean Logistics hat ganz früh den Mond gesehen und musste an den US-Astronauten Neil Armstrong (1930- 2012) denken. Dieser hatte am 21. Juli 1969, als er als erster Mensch den Mond betrat, bei seinem Hüpfer von der Leiter des Landefahrzeugs gesagt: »Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Schritt für die Menschheit.«
Die Zuhörer schmunzeln gutmütig. Es scheint doch etwas vermessen, diesen historischen Moment auf eine Ebene mit der Übergabe eines umgerüsteten Brennstoffzellenbusses zu heben. Allerdings geht es hier in Criewen um nicht weniger als einen Beitrag zur Rettung der Erde und angesichts dessen durchaus um ein »epochales Ereignis«, wie Umweltminister Vogel meint.
Auf die Umrüstung von Nutzfahrzeugen ist Unternehmer Graszt gekommen, weil er ein klassisches Logistikunternehmen führte und dafür saubere Fahrzeuge anschaffen wollte, aber bei allen Herstellern »abblitzte«, wie er sagt. Clean Logistics und E-Cap Mobility tüfteln nun an einem Laster mit Wasserstoffantrieb und haben das Busprojekt vor elf Monaten dazwischengeschoben. Nebenher werden auch noch andere Prototypen für Nutzfahrzeuge entwickelt, die gern von Partnerfirmen übernommen werden könnten, erläutert Projektleiter Eike Weiß.
Mit Wasserstoff betankt hat man den UVG-Bus übrigens in Hamburg. In Schwedt entsteht erst noch eine eigene Tankstelle auf dem Betriebshof der Verkehrsgesellschaft. 400 Kilometer Reichweite hat der Bus mit 30 Kilogramm Wasserstoff. 320 Kilometer legt er täglich auf der Naturparklinie zurück.
Das Land Brandenburg fördert das Projekt mit einer Million Euro aus seinem Zukunftsinvestitionsfonds. Die Umrüstung schont nicht nur das Klima, sondern auch Materialressourcen und spart damit Geld. Denn gewöhnlich müssen Dieselbusse nach 16 Jahren im Einsatz ausgetauscht werden. Durch die Umrüstung verlängert sich aber die Laufzeit um schätzungsweise zehn Jahre, wie UVG-Geschäftsführer Boehme vorrechnet.
Geändert wurde bei der Gelegenheit übrigens auch die Innenausstattung. Auf den Boden des Busses ist nun passend zum Nationalpark Unteres Odertal ein Wasserlauf gezeichnet, die Polster der Sitze zeigen eine Landschaft mit Bäumen, an der Decke tummeln sich Insekten und Schwäne. Das stimmt Besucher des Nationalparks auf die Landschaft ein, in die sie reisen. Dazu werden über Monitore Filme über das Naturreservat eingespielt. Den Ton können Fahrgäste über ihre Mobiltelefone hören. Damit das auch klappt - schließlich ist die Funkverbindung hier nicht immer die beste - verfügt der Bus über ein offenes WLAN.
Wenn dann auch noch regional von der Firma Enertrag erzeugter Wasserstoff in die Tanks gefüllt wird, bleiben für Umweltminister Vogel keine Wünsche offen.
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