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Scharfe Kritik an Plan für Gertraudenbrücke
Architektenvereinigung spricht von »Amok-Tour« in Berlin-Mitte
»Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz läuft gegenwärtig offensichtlich auf Amok-Tour durch die ehemalige Altstadt«, sagt Benedikt Goebel. Der Architekturhistoriker, der Vorstandsmitglied des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin ist, meint die Brücken-Neubaupläne der Verwaltung im Zuge der Bundesstraße 1 in Berlin-Mitte an der Fischerinsel. Kürzlich hatte die Verwaltung den Siegerentwurf in einem Architekturwettbewerb für den Ersatzbau der Mühlendammbrücke vorgestellt. Obwohl mit jeweils einer Autospur pro Richtung weniger geplant als der marode Bau aus den 1960er Jahren, wirkt der Ersatz weiterhin wie eine Autobahnbrücke. Bereits im Vorfeld wurden von einem breiten Bündnis verkehrs-, umwelt- und stadtpolitischer Initiativen und Verbände die Pläne als überdimensioniert abgelehnt.
Nun wiederholt sich das Spiel an der Gertraudenbrücke. Dort wurde 1965 neben das historische Bauwerk von 1896, das nur noch Fußgängern dient, ein autobahnähnlicher Neubau gesetzt, der ebenfalls ersetzt werden muss. Entgegen den ursprünglichen Planungen, die eine mittige Teilung und Verbreiterung der alten Brücke nebst Verschiebung der Straßenachse Richtung Nordwesten vorsahen, soll laut Senatsbeschluss der Vorwoche der Ersatzbau den Spreekanal in der aktuellen Lage überspannen. »Die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther, die eigentlich der Verkehrswende verpflichtet ist, kann sich in ihrem Haus nicht durchsetzen«, kritisiert Benedikt Goebel, der selbst SPD-Mitglied ist.
»Dieser Beschluss war überfällig, weil die alten Planungen bereits viele Jahre lang unrealisiert geblieben sind und sich inzwischen überholt haben«, entgegnet Jan Thomsen, Sprecher der Verkehrsverwaltung, auf nd-Anfrage. Der gesamte Straßenzug erhalte mit der neuen Tramstrecke zum Potsdamer Platz und einem geplanten Abzweig am Spittelmarkt Richtung Hallesches Tor eine »Anpassung an die Verkehrswende«. Der Platz erhalte eine weitere »Aufwertung als Stadtraum mit neuer, hier jahrzehntelang nicht gekannter Aufenthaltsqualität«. In der jetzigen Planung werde die denkmalgeschützte Gertraudenbrücke erhalten. Der Neubau nebenan werde »kein Nachbau der maroden Brücke aus DDR-Zeiten«, so Thomsen weiter.
Am 25. August hält die Verkehrsverwaltung in der Alten Münze eine vorerst letzte öffentliche Beteiligungsveranstaltung zur geplanten Straßenbahn ab, in der der aktuelle Stand der Planungen diskutiert werden kann, bevor das Projekt in die Obhut der Berliner Verkehrsbetriebe übergeht. Wegen coronabedingt begrenzter Plätze vor Ort soll die Veranstaltung inklusive Fragemöglichkeit auch online über mein.berlin.de verfolgt werden können.
Am 30. September, dem 125. Jubiläum der Gertraudenbrücke, soll auch das Standbild der heiligen Gertraude dorthin zurückkehren. Es war zur Restaurierung abgebaut worden.
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