Die Verbündeten der FDP

Wahlkampftermin der Liberalen: Bundesparteichef Christian Lindner spricht im Berliner Alliiertenmuseum

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Wo die FDP in der Vergangenheit vergleichsweise gute Ergebnisse einfuhr und sich auch bei den Wahlen am 26. September etwas ausrechnet, merkt man in Berlin teils bis auf die Straßenzüge genau an ihren Wahlplakaten. Die werden von den Parteimitgliedern vorzugsweise in den FDP-Hochburgen aufgehängt. Weniger sind sie in Prenzlauer Berg zu finden, noch weniger in Wedding, umso mehr in Zehlendorf – zum Beispiel in der Nähe des Alliiertenmuseums an der Clayallee.

Das Freigelände des Museums in gutsituierter Nachbarschaft ist am frühen Sonntagabend Schauplatz einer Wahlkampfveranstaltung mit dem FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner, Abgeordnetenhausfraktionschef Sebastian Czaja und Bezirksparteichef Tobias Bauschke. Es gibt für jeden Besucher mindestens eine Currywurst gratis – und Czaja wird als Fan und Verteidiger dieser Imbissspezialität vorgestellt. Das passt irgendwie in die aktuelle Diskussion um den Speiseplan einer Kantine des Automobilkonzerns VW, der dem Zeitgeist entsprechend auf fleischlose Kost umgestellt werden soll. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte auf die Nachricht reagiert: »Wenn ich noch im Aufsichtsrat von VW säße, hätte es so etwas nicht gegeben.« Er nannte die Currywurst einen »Kraftriegel« der Arbeiter.

Tobias Bauschke, der fürs Abgeordnetenhaus kandidiert, lässt in der Begrüßung des Publikums die derzeit in verschiedenen Parteien so oder so ähnlich zu hörende Phrase hören, noch nie habe es so viel für die Politik zu tun gegeben wie jetzt. Das wirkt gerade im Alliiertenmuseum seltsam, wenn man an den schweren Anfang nach dem Zweiten Weltkrieg denkt.

Und der FDP ist ja durchaus bewusst, wo sie sich befindet und dass ihre drei Politiker mit den überdimensionalen Flaggen von den USA, Großbritannien und Frankreich im Rücken ihre Reden halten. Aber wer hat die vielfach beschworene Freiheit überhaupt erst erkämpft? Doch nicht zuletzt auch ein vierter Alliierter der Anti-Hitler-Koalition, der Europa mit vom Faschismus befreite – die Sowjetunion. Aber das wird nicht erwähnt. Es ist nun einmal ein Museum der Westalliierten, ein Museum des Kalten Kriegs.

Christian Lindner nimmt die Kulisse zum Anlass, seine Sorgen wegen eines angeblich zunehmenden Antiamerikanismus’ in der Gesellschaft zu äußern, dem der fragwürdige frühere US-Präsident Donald Trump als Ausrede gedient habe. Lindner stört, dass sich die Bundesrepublik aus wirtschaftlichen Gründen eher an die Volksrepublik China annähere statt den Schulterschluss mit den USA zu suchen, mit denen man Werte teile. »Der Atlantik darf politisch nicht breiter werden als er geografisch ist«, fordert Lindner, der in einer anderen Liga spielt als Sebastian Czaja. Jener kann ihm, was die Redegewandtheit betrifft, nicht das Wasser reichen. Von Czaja kommt nur ein Bonmot: Dass der FDP das Eigentum des Volkes wichtiger sei als Volkseigentum. Das gehört zu seinen Seitenhieben auf den am 26. September anstehenden Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen.

Lindner brennt dagegen ein Feuerwerk von Bonmots ab. Viel Applaus gibt es bei jeder Attacke gegen Umverteilung und Steuererhöhungen und bei jedem Plädoyer für eine starke Wirtschaft, die technologische Lösungen für den Klimaschutz entwickeln soll und ohne deren Leistungen die enormen Kosten der angestrebten Klimaneutralität gar nicht zu bezahlen wären, wie der Politiker vorrechnet. Nicht gleich geklatscht wird bezeichnenderweise, als er sagt, ehe Vielverdiener einen Zuschuss für Elektroautos bekommen, sollten lieber Pflegekräfte mehr Geld in der Tasche haben.

In den Umfragen zur Bundestagswahl sehen die Meinungsforscher die FDP momentan fast durchweg bei zwölf Prozent. Für die Abgeordnetenhauswahl werden der Partei einige Prozentpunkte weniger vorhergesagt. Die jüngste Forsa-Umfrage verhieß bloß sieben Prozent – etwa so viel wie bei der Abgeordnetenhauswahl vor fünf Jahren.

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