- Kommentare
- Afghanistan
Fehlender Schutz für Ortskräfte
Daniel Lücking zur Evakuierung von Menschen aus Afghanistan
Die Bundesregierung hat versprochen, möglichst viele Menschen aus Afghanistan auszufliegen, die besonders von den Taliban bedroht sind. Allerdings hätte sie deutlich früher auf diese Idee kommen müssen. Doch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich nun zu den Geschehnissen, als begegne ihm das Thema der zu evakuierenden Ortskräfte zum ersten Mal. Dies wirkt angesichts seiner vorangegangenen Ämter befremdlich. Immerhin war Steinmeier einst mehrere Jahre Außenminister und zuvor Chef des Bundeskanzleramts. In Wirklichkeit wollen führende deutsche Politiker*innen, dass nicht allzu viele Menschen aus Afghanistan nach Deutschland kommen, sondern irgendwo anders bleiben. Das hatte CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet kürzlich erklärt, wenn auch verschwurbelt.
Dass die Zuspitzung in Afghanistan und der Siegeszug der Taliban für führende EU-Politiker*innen überraschend kamen, wirft einige Fragen auf. Es ist kaum zu glauben, dass an der Spitze der Europäischen Kommission mit Ursula von der Leyen (CDU) eine frühere Verteidigungsministerin steht, die zwischen 2013 und 2019 das ISAF-Missionsende und die deutsche Truppenreduzierung erlebte.
Schon damals mussten die Ortskräfte geschützt und aufgenommen werden. Dass dies nicht dazu motivierte, Pläne für einen kontrollierten Abzug vorzubereiten, zeigt, dass die deutsche und europäische Regierungspolitik kaum an der Evakuierung von afghanischen Ortskräften interessiert ist. Wenn bei den Evakuierungen statt der angekündigten 100 Menschen pro Flug nun wirklich 200 möglich sein sollten, so stellt sich nur noch die Frage, wie Menschen künftig den Flughafen in der Hauptstadt Kabul erreichen werden. Evakuiert wird nur von dort. Der Rest Afghanistans wurde aufgegeben.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.