Evakuierungsoperation mit Ablaufdatum

Laut Bundesverteidigungsministerium bislang 1800 Afghanen nach Deutschland geholt. G7-Staaten verhandeln über Operationsdauer

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Lage am Flughafen Kabul ist nach wie vor angespannt: Bei einem Schusswechsel mit unbekannten Angreifern wurde in der Nacht zu Montag eine afghanische Sicherheitskraft getötet. Weitere sieben Menschen starben am Wochenende vor den Toren des Airports bei einer Massenpanik.

Für Deutschland ist in Kabul mittlerweile das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr im Einsatz, um einzelne Personen zu evakuieren. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums vom Montag sind in den letzten Tagen rund 3000 Menschen aus Kabul evakuiert worden, unter ihnen rund 1800 Afghan*innen. Unter letzteren sollen sich nicht nur Ortskräfte befinden, die für die Bundeswehr und andere Einrichtungen der Bundesrepublik gearbeitet haben. Genauere Angaben wurden nicht gemacht.

Das Ende der Evakuierungsoperationen rückt derweil unaufhaltsam näher. Die USA wollen ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abgezogen haben. Auf einem diesen Dienstag stattfindenden Sondergipfel der G7-Staaten soll mit den Vereinigten Staaten über eine Verlängerung verhandelt werden. Die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte bereits in der vergangenen Woche darauf hingewiesen, dass ohne die rund 6000 US-Soldaten, die derzeit am Flughafen in Kabul eingesetzt sind, keine weiteren Evakuierungen durch die Bundeswehr erfolgen könnten. Ob die USA einer Verlängerung des Einsatzes zustimmen, ist derzeit ebenso ungewiss wie eine Zustimmung der jetzt in Afghanistan herrschenden Taliban.

Mit dem Eintreffen der Evakuierten in den Zielländern wird unterdessen klar, welche Menschen derzeit das Land verlassen müssen, um den Taliban zu entkommen. Unter ihnen ist einer von Afghanistans bekanntesten Journalisten, Bilal Sarwari. In einem auf Twitter veröffentlichten Video sagte Sarwari unmittelbar, seine Familie habe nur wenige Sachen mitnehmen können. »Ich habe alles zurückgelassen, wofür ich seit mehr als 20 Jahren gearbeitet habe. Das ist niederschmetternd.«

In Berlin sind am Montagmorgen 35 Ortskräfte aus Afghanistan mit ihren Angehörigen angekommen. Unter ihnen sind 17 Kinder, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales mitteilte. Senatorin Elke Breitenbach (Linke) dankte allen, die zur schnellen Aufnahme der Menschen beigetragen haben.

Unterdessen sagte Kramp-Karrenbauer am Montag gegenüber Bild-TV, sie werde erst nach dem Ende des Evakuierungseinsatzes über persönliche Konsequenzen aus Fehlern vor der Machtübernahme der Taliban nachdenken. Sie werde »sehr genau überlegen, welche Verantwortung ich getragen habe, welcher Verantwortung ich gerecht geworden bin, wo vielleicht auch nicht und welche Schlüsse ich persönlich daraus ziehen muss«.

In dieser Woche entscheidet der Bundestag offiziell über das Mandat für die Bundeswehr zur Evakuierung von Menschen. Innerhalb der Linkspartei stößt es in seiner geplanten Form auf Kritik. »Das von der Bundesregierung vorgeschlagene Mandat ist ein Kampfeinsatz«, konstatierte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Tobias Pflüger, im »nd«-Gespräch. Das Einsatzgebiet umfasse ganz Afghanistan, zudem solle KSK-Soldaten die Möglichkeit gegeben werden, »robust zu kämpfen«. Auch seien zu viele Gruppen gefährdeter Afghan*innen außen vor. »So kann ich dem Mandat nicht zustimmen«, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken.

Der Linke-Bundesvorstand hat der Bundestagsfraktion der Partei in einem Beschluss vom Sonntag empfohlen, sich bei der Abstimmung zu enthalten, sofern das vorgesehene Mandat nicht verändert wird. Er fordert die Bundesregierung auf, allen Afghan*innen, die gefährdet sind, eine Möglichkeit zur Einreise nach Deutschland und den hier lebenden Menschen aus dem Land ein Bleiberecht zu geben. Der Linke-Außenpolitiker Jan van Aken plädiert derweil in einem Beitrag für »nd« für Zustimmung seiner Partei zu einem veränderten Bundeswehrmandat in Afghanistan.

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