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Herr Maas, treten Sie bitte zurück!
Die Menschen in Afghanistan kämpfen um ihr Leben – und deutsche Politiker*innen kümmern sich nur um ihren Wahlkampf.
Während Afghan*innen auf der ganzen Welt in ihre Heimat schauen und Angst haben – Angst um Familienmitglieder, Angst um ihre Häuser und ihr Land, Angst um all die Arbeit und alles, was sie in den letzten zwei Dekaden geschaffen haben, findet hierzulande ein Wahlkampf auf dem Rücken der Ängste und Sorgen eben dieser Menschen statt.
Nur wenige Stunden nachdem klar war, dass die Taliban Kabul eingenommen haben, konnten wir in unterschiedlichen Medien den Satz »2015 darf sich nicht wiederholen« lesen. Sowohl von AfD-Politiker*innen, von denen man nichts anderes erwartet, als auch von Spitzenpolitiker*innen der CDU, wie die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft und stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner, Generalsekretär Paul Ziemiak und Kanzlerkandidat Armin Laschet. Sie alle sagten diesen einen Satz, während Millionen von Afghan*innen alles Menschenmögliche versuchten, ihr Leben, ihre Verwandten, ihre Träume, ihre Kinder und ihre Heimat vor den Taliban zu retten.
Dass die angebliche »Krise« von 2015 immer wieder instrumentalisiert wird, um Politik gegen Geflüchtete, Asylsuchende und Migrant*innen zu machen, ist ein trauriger, aber auch sehr ekliger Höhepunkt deutscher Politgeschichte. Ja, 2015 war ein bewegendes Jahr. Ja, 2015 hat Europa einige Geflüchtete aufgenommen. Aber was ist daran schlecht gewesen und wieso sollte es sich nicht wiederholen?
Während wir jede freie Minute nutzen sollten, um umgehend flüchtende Afghan*innen zu evakuieren und ihnen bedingungslosen Schutz zu gewähren, verschwendet Europa die Zeit damit, unnötige Debatten zu führen, und sich weiterhin zu verschließen. Abschreckung und Abschottung – die »Festung Europa« will weiterhin diesem Namen gerecht werden. Als wäre es ein Ehrentitel. Ein Titel, den man mit allen Mitteln verteidigt. Ob mit Stacheldraht, Hubschraubern, Mauern und Drohnen oder mit den Schiffen der EU-Agentur für Grenz- und Küstenwache, Frontex. Was Laschet und Co. seit einigen Tagen fordern, ist in der Praxis schon längst Realität. 2015 soll sich nicht wiederholen – und dafür wird alles getan.
Oder wie im Fall von Afghanistan eben nichts. Weder für die Zivilbevölkerung noch für die sogenannten »Ortskräfte«, Afghan*innen, die die Streitkräfte unterstützt haben. Zum Beispiel Dolmetscher der Bundeswehr. Deren Leben und die Leben ihrer Familien sind besonders gefährdet.
Dabei hätte man diesen Menschen schon längst helfen können. Viele von ihnen versuchen schon seit Jahren, nach Deutschland zu kommen. Sie wissen nicht erst seit einigen Tagen, dass sie in Gefahr sind. Nun ist die Bedrohungslage akut. Und noch immer scheitert eine Rettung, eine Evakuierung, an bürokratischen Hürden. Hier fehlen Angaben, da fehlen Unterlagen oder Dokumente. Doch eigentlich, und das tritt immer deutlicher zutage, scheitert es an politischem Willen. Wir haben sogar fröhlich weiterhin nach Afghanistan abgeschoben, während wir andernorts Unterstützer*innen von Islamismus die Hände gereicht haben.
Die Menschen werden in Afghanistan »ihrem Schicksal« überlassen, nur dass es eben nicht ihr Schicksal ist, sondern das Ergebnis von 20 Jahren Ausbeutung und Krieg, unter denen am meisten die Zivilbevölkerung Afghanistans zu leiden hatte.
Organisierte Verantwortungslosigkeit. Das Patenschaftsnetzwerk legt offen, wie deutsche Regierungsinstitutionen mit afghanischen Menschen umgehen
Und während unsere Politiker*innen mit rechtsoffenen Phrasen und Parolen Wahlkampf machen, ihre Verantwortung (sogenanntes »Versagen«), aber auch Schuld, bewusst von sich weisen, kämpfen Initiativen, Organisationen, Vereine und Einzelpersonen der afghanischen Diaspora und Zivilgesellschaft in Deutschland dafür, dass Europa sofort handelt und die Menschen da rausholt. Afghanistan ist kein sicheres Herkunftsland, dafür haben wir alle Sorge geleistet. Bundesaußenminister Heiko Maas, holen Sie die Menschen da raus. Räumen Sie ihre Fehler ein. Und dann treten Sie bitte zurück.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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