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Untersuchungsmarathon beendet
Von den Vorwürfen rund um die Vorkaufsgenossenschaft »Diese eG« bleibt wenig hängen
»Es wurde getrickst und getäuscht, um Fördergeld zu bewegen, das niemals bei der ›Diese eG‹ hätte landen dürfen«, sagt Stefan Evers, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus am Donnerstag. In der Presseerklärung der CDU ist gar die Rede von einer »millionenschweren Polit-Affäre« rund um die Vorkaufsgenossenschaft »Diese eG«, die sich als »brisanter Wirtschaftskrimi« erwiesen haben soll. Die Fraktion hatte zusammen mit der FDP die Einsetzung des Ausschusses verlangt.
Die Vorstellung des Abschlussberichts des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur »Diese eG« wird noch einmal zu einem Deutungskampf zwischen der rot-rot-grünen Koalition und der Opposition um die Wohnungspolitik. »Besser wäre es gewesen, die ›Diese eG‹ wäre abgewickelt worden. Besser wäre, der Senat würde Eigentum fördern«, sagt zum Beispiel AfD-Fraktionsvize Ronald Gläser. Und natürlich bringt er auch die rassistische Erzählung an, dass die »illegale Masseneinwanderung« eine der Ursachen des Wohnungsmangels in der Hauptstadt sei. Die Ausübung von Vorkaufsrechten und deren Subventionierung seien »politisch falsch«, bekennt Gläser auch noch. Zumindest Letzteres lässt so ähnlich auch Bernd Schlömer von der FDP wissen.
Zur Erinnerung: Im Sommer 2019 übte der Friedrichshain-Kreuzberger Baustadtrat Florian Schmidt sechs Vorkaufsrechte zugunsten der »Diese eG« aus, sein Tempelhof-Schöneberger Amtskollege Jörn Oltmann (beide Grüne) tat dies in einem Fall. Es gab Finanzierungsprobleme, da zunächst nicht ausreichend Eigenkapital vorhanden war und auch die Regelungen für mögliche Fördermittel zum Zeitpunkt der Ausübung noch nicht durch den Haushaltsgesetzgeber beschlossen worden waren.
Der Vorsitzende des im Januar beschlossenen Untersuchungsausschusses, Frank Zimmermann (SPD), spricht von einem »Husarenritt«, meint damit aber das Tempo, in dem der Ausschuss zu einem Ergebnis kommen musste. In zwölf Sitzungen sind 18 Zeuginnen und Zeugen vernommen und 130 Aktenbände ausgewertet worden. Der Abschlussbericht umfasst inklusive Sondervoten 350 Seiten. Stadtrat Schmidt und Genossenschaftsvorstand Werner Landwehr hatten die Aussage verweigert. Sie hätten sich »zu Recht auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen«, erklärt Zimmermann, wie eine Prüfung durch den wissenschaftlichen Parlamentsdienst ergeben habe. Ein Antrag auf Durchsuchung und Beschlagnahme von Unterlagen zur Finanzierung der »Diese eG« beim Projektentwickler Thomas Bestgen sei zwar durch das Landgericht Berlin nicht abschlägig beschieden worden, »uns ist aber der Zeitablauf in die Quere gekommen«, sagt Zimmermann. Entgegen der Einschätzung der Opposition sei ein mögliches Kostenrisiko von 27 Millionen Euro für den Landeshaushalt »nicht begründbar«, so Zimmermann. »Die Kosten, die bisher entstanden sind, liegen im niedrigen sechsstelligen Bereich«, erklärt der SPD-Politiker - maximal 110 000 Euro. Es habe »keinen Verstoß gegen Förderrichtlinien« und auch keine strafrechtlich relevanten Vorfälle gegeben, wie mehrere Prüfungen durch die Staatsanwaltschaft ergeben hätten.
SPD-Parlamentarier Christian Hochgrebe nutzt seine Redezeit, um einerseits das wohnungspolitische Programm seiner Partei zur anstehenden Abgeordnetenhauswahl ausführlich zu erläutern und ein wenig gegen Schmidt auszuteilen. Der Bezirk sei »quasi in Wildwest-Manier aufgetreten«, der Stadtrat sei »unseriös, überhastet, leichtsinnig« vorgegangen. Trotzdem spricht er von einem »lupenreinen Freispruch« bei den eingestellten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Linke-Wohnungspolitiker Michail Nelken sagt: »Das Prinzip, dass Mieter sich selber helfen, indem sie mit einem Partner zusammen eine Genossenschaft gründen«, nennt er »ein gutes Modell«, das weiterentwickelt werden sollte. Der Ausschuss sei »wesentlich teurer als die 270 000 Euro« gewesen, die als Kostenrisiko durch die Finanzierungsprobleme auf den Bezirk zukommen könnten, erklärt Andreas Otto von den Grünen.
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