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  • Afghanische Geflüchtete

Berliner CDU-Politiker will Asylunterkünfte wegklagen

Abgeordneter der Union sorgt mit Anwohnerbrief in Marzahn-Hellersdorf für Empörung

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Land Berlin reaktiviert zwei stillgelegte Flüchtlingsunterkünfte, um ausgeflogene afghanische Ortskräfte aufzunehmen. Doch CDU und AfD rufen die Bürger zu Protesten auf. Konkret geht es um die Containersiedlungen im Quittenweg in Altglienicke und in der Dingolfinger Straße in Biesdorf. Hier wurden letzte Woche die Anwohner in Briefen durch den Berliner Senat und die Bezirksämter Marzahn-Hellersdorf sowie Treptow-Köpenick informiert, dass die stillgelegten Unterkünfte reaktiviert werden. Dort werden ehemalige afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und andere bedrohte Menschen aus Afghanistan, »die über die Luftbrücke evakuiert wurden (…) für kurze Zeit aufgenommen, verpflegt und medizinisch versorgt«, heißt es seitens des Bezirksamtes Marzahn-Hellersdorf. Die Menschen sollen anschließend auf andere Bundesländer verteilt werden.

In Altglienicke sind bereits erste Afghanen eingezogen, in Biesdorf beginnt der Einzug in Kürze, wie »nd« aus Behördenkreisen erfuhr. Den Angaben einer Behördenmitarbeiterin zufolge, die anonym bleiben will, ist deren gemeinsame Unterbringung mit anderen Asylsuchenden aus medizinischen Gründen nicht möglich: Die Geflüchteten wurden vor ihrem Abflug in Kabul nicht auf Corona getestet und müssen zuerst eine Quarantäne ohne Kontakt zu anderen Menschen absolvieren. Das ist in den Containersiedlungen gut möglich, weil jeder Container eigene Sanitärräume hat.

Beide Containersiedlungen wurden 2019 beziehungsweise 2020 leer gezogen. Die Container wurden jedoch nicht abgebaut, weil ihre Wiederverwendung genauso schwierig ist wie die Lagerung an anderen Orten. Die allermeisten der noch vom damaligen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bestellten Container sind nur 2,30 m hoch. Für eine Nutzung zu Wohnzwecken oder als Schulergänzungsbauten sind das 20 Zentimeter weniger, als im Baurecht vorgeschrieben ist. Darum stehen die meisten stillgelegten Wohncontainer noch am alten Ort. Für die Flüchtlingsunterbringung gilt hingegen ein anderes Baurecht, deswegen können die Unterkünfte hierfür reaktiviert werden.

Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff, der im September seinen Wahlkreis in Biesdorf wieder gewinnen will, hat einen Brief an Anwohner geschrieben. Er habe die Information erhalten, dass die Unterkunft »entgegen allen Versprechungen« neu bezogen wird, schreibt Gräff dort. »Ich halte das für eine völlig falsche Entscheidung.« Dass dort afghanische Ortskräfte wohnen sollen, erwähnt der CDU-Politiker dagegen mit keinem Wort. Sollten Anwohner der Containersiedlung gegen deren Weiternutzung klagen wollen, bietet der CDU-Mann seine Unterstützung an, denn »auch für mich ist dieses Vorgehen in keiner Weise mehr nachvollziehbar«.

Solche Aussagen empören den Spitzenkandidaten der Linken für die Abgeordnetenhauswahl, Klaus Lederer. »Als Mitglied der Partei, die maßgeblich für das Scheitern deutscher Sicherheits- und Außenpolitik in Afghanistan verantwortlich ist, Wahlkampf gegen Hilfe für evakuierte Menschen aus Afghanistan zu machen, die ja irgendwo leben müssen, finde ich widerwärtig«, erklärte Lederer via Kurznachrichtendienst Twitter.

Auch im Bezirk Marzahn-Hellersdorf erzeugt der CDU-Brief politischen Widerspruch. Der bündnisgrüne Bezirksverordnete Nickel von Neumann kritisiert Gräff als »kleinkariert«. Ihm sei »unverständlich, wie die CDU im Bezirk und im Land gegen ihre eigene CDU-geführte Bundesregierung wettert. Die Menschen brauchen unsere Hilfe.« Biesdorf habe immer wieder Weltoffenheit bewiesen. Das sieht auch Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) so. Sie sagt: »Ich danke für das Engagement zahlreicher Bürgerinnen und Bürger, die Verständnis für die aktuelle Lage zeigen und die Geflüchteten in dieser humanitären Notsituation unterstützen.«

Von Neumann fürchtet, dass sich Bürgerinnen und Bürger durch Gräffs Brief aufstacheln lassen. Diese Befürchtung gibt es auch in Altglienicke, wo der AfD-Abgeordnete Frank Scholtysek gegen die Wiederbelebung der Containersiedlung Stimmung macht. Auf seiner Facebookseite fordert er, die Ortskräfte in aktiven Flüchtlingsheimen unterzubringen, wo es noch Leerstand gäbe. Die Siedlung am Quittenweg passe »definitiv NICHT in die Umgebung«, schreibt der rechte Politiker. Er werde »umgehend Antworten von den zuständigen Stellen einfordern«, heißt es.

Katharina Stökl von Verein Interaxion, die in dem Sozialraum mit Flüchtlingen arbeitet, beschreibt das Wohnumfeld in Altglienicke aber inzwischen als differenziert. »Es gibt nicht nur die Abwehrhaltung gegen Flüchtlinge. In jüngster Zeit erleben wir viel Solidarität.«

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