Verdienstorden für CDU-Parteispender

Auszeichnung für Molkereichef Theo Müller in Sachsen hat Nachspiel in Landtag

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Sachsen und ihre Orden – das ist nicht immer eine würdevolle Angelegenheit. Im Jahr 2009 wurde Russlands Präsidenten Wladimir Putin der »Sächsische Dankorden« verliehen. Die Laudatio hielt der damalige sächsische CDU-Regierungschef Stanislaw Tillich. Menschenrechtsaktivisten waren empört. 2020 ging die mittlerweile in »St. Georg Orden« umbenannte Auszeichnung an den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi. Der Eklat war noch größer. Immerhin: Bei dem Orden handelt es sich um eine Art inoffizielle Spaßauszeichnung, die vor allem dem Semperopernball zusätzlichen Glanz verleihen soll.

Ganz anders der sächsische Verdienstorden. Er ist die höchste Auszeichnung des Freistaats und wird als »Zeichen dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienste« verliehen – seit 1996 an 360 Menschen. Aufsehen erregte die Auszeichnung selten. Bei dem Geehrten Nummer 361 ist das anders. Die Übergabe an den Molkereimogul Theo Müller, die am Dienstag durch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in einem Nobelhotel in Zürich erfolgte, wird bald den Landtag beschäftigen. Die Linksfraktion hat einen entsprechenden Antrag gestellt und will zum Beispiel wissen, »wann und durch wen die maßgebliche Entscheidung über die Verleihung« getroffen wurde und warum sie, anders als üblich, nicht in Sachsen, sondern an Müllers Wohnsitz erfolgte.

Müller lebt seit 2003 in Zürich. Er zog dorthin, weil er vermeiden will, bei Übertragung seines Unternehmens an die Kinder 200 Millionen Euro Schenkungs- und Erbschaftssteuer zu zahlen. Er empfinde das als Enteignung und wolle das Geld lieber investieren, statt es dem Staat zu geben, wird er zitiert. In einem Interview der »Sächsischen Zeitung« sagte er nach dem Umzug: »Reiche Leute braucht das Land.«

Mit Tricks zu höherer Fördersumme

Derweil hat der 81 Jahre alte Unternehmer keine Probleme damit, Geld von eben diesem Staat anzunehmen. Nachdem er 1994 eine Molkerei im ostsächsischen Leppersdorf aufgekauft hatte, investierte er Anfang der 2000er Jahre 400 Millionen Euro, nahm aber auch gut 70 Millionen Förderung von EU und Freistaat in Anspruch. Der »Spiegel« rechnete 2009 vor, dass finanzielle Hilfen in dieser Höhe nur möglich waren, weil die Molkerei zuvor in mehrere kleine Betriebe aufgeteilt wurde – in eine »Ansammlung kleiner Milchläden«, die höhere Fördersätze erhalten konnten. Während man in Sachsen investierte, wurde fast zeitgleich ein anderes Unternehmen der Müller-Milch-Gruppe geschlossen, wodurch die Zahl der Jobs rechnerisch sogar sank. Die Mitarbeiter in Leppersdorf werden laut MDR unterhalb des ostdeutschen Flächentarifs entlohnt.

Die Linke hält es für »höchst fragwürdig«, dass der Orden an Personen verliehen wird, die umziehen, um keine Erbschaftssteuer an den deutschen Staat zahlen zu müssen, obwohl sie Fördermittel in Anspruch nehmen und »damit ihre Gewinne maximieren konnten«, heißt es im Antrag.

Der Fraktionschef Rico Gebhardt spricht von »Steuerflüchtlings-Ehrung«. Dieser Status könnte dafür verantwortlich sein, dass Müller der Orden an dessen Zufluchtsort übergeben wurde. Die »Sächsische Zeitung« schrieb, dieser dürfe sich im Rahmen seines »Steuersparmodells« nicht mehr oft in Deutschland aufhalten. Stattdessen fuhr eine von Kretschmer geführte Delegation zu Kurztrip samt Firmen- und Hochschulbesuch in die Schweiz – und übergab bei der Gelegenheit die Ehrung. Diese sei, sagt Gebhardt, an »Peinlichkeit nicht zu übertreffen« und zudem ein »Hohn für alle ehrlichen Steuerzahler*innen in Sachsen«.

132 500 Euro an die CDU gespendet

Gebhardts Landespartei hat derweil in einer sarkastischen »Anleitung« dazu, wie man als bayerischer Milliardär einen sächsischen Orden in der Schweiz bekommen könne, auf einen weiteren Umstand verwiesen: drei Spenden aus dem Müller-Imperium an die CDU. Die »Sachsenmilch Anlagen Holding GmbH« zahlte zuletzt im Jahr 2020 satte 100 000 Euro an die CDU, wie aus einem Onlineportal von Lobbycontrol hervorgeht. Im Jahr 2019 waren bereits 12 500 Euro geflossen, 2014 schon einmal 20 000 Euro. Man müsse nur »fleißig an die Partei des Ministerpräsidenten spenden«, heißt es in der »Anleitung« – dann klappe es auch mit dem Orden. Den hat Müller nun freilich erst einmal sicher. Eine nachträgliche Aberkennung wäre nur möglich, sollte er beispielsweise wegen einer Straftat mindestens zu einer Geldstrafe verurteilt werden.

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