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Gemeint sind nicht nur die vier
Sebastian Bähr über den Prozess gegen Antifaschisten in Dresden
Unter großem Getöse hat am Mittwoch der Prozess gegen vier Antifaschisten in Dresden begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, als »kriminelle Vereinigung« in den letzten Jahren in Sachsen und Thüringen Nazis schwer verprügelt zu haben. Eine von ihnen, Lina E., soll dabei als Anführerin aufgetreten sein. Seit November sitzt die 26-Jährige in Untersuchungshaft. Ganz unabhängig von dem Prozessverlauf haben einige bürgerliche Medien die Studentin schon längst als »Terroristin« abgestempelt. Obsessiv ergötzt man sich an RAF-Vergleichen oder zieht auf sexistische Art über ihr Aussehen her. Details aus Ermittlungen sind immer wieder in die Medien gelangt. Vermutlich wollten die Sicherheitsbehörden entsprechende Stimmung verbreiten.
Überhaupt wirkt das Vorgehen von Polizei und Justiz arg politisch motiviert. So ist es auffällig, dass der Generalbundesanwalt den Fall an sich gezogen hat. Offenbar sieht er in ein paar vermöbelten Neonazis Staatsgefährdung und Terrorgefahr, kann diese aber etwa beim »NSU 2.0« nicht erkennen. Die vermeintlichen Beweise scheinen dazu laut den Verteidigern eher dünn zu sein, der Vorwurf der »kriminellen Vereinigung« konstruiert, die konkreten Vorwürfe vage.
Es bleibt der Eindruck, dass an den vier Antifaschisten stellvertretend für eine – manchmal eben auch militante und unbequeme – Bewegung ein Exempel statuiert werden soll. Es wäre gerade in Sachsen nicht das erste Mal. Engagierte Menschen sollen letztlich eingeschüchtert, durchleuchtet und verunsichert werden. Dagegen regt sich jedoch Widerstand. Bundesweit haben Antifaschisten dieses Verfahren so als Angriff auf sich selbst und ihre eigenen Strukturen verstanden. Sie zeigen sich solidarisch mit den Beschuldigten und verfolgen den Prozess mit kritischen Augen – etwas, das bei diesem Staat und in diesen Zeiten bitter nötig ist.
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