- Kommentare
- Querdenken
Systematisch verharmlost
Zum ersten Mal hat ein Maskengegner einen Mord begangen - Teile der Politik, Medien und Behörden hatten die Gefahr nicht ernst genommen
Schon länger hatte man es befürchtet, nun ist es eingetreten: Ein Mord durch einen radikalisierten Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen. Wegen des bloßen Hinweises auf die Einhaltung der Maskenpflicht wurde ein 20-Jähriger am Wochenende kaltblütig erschossen. In ihren Kanälen bejubeln Querdenker und extreme Rechte die Tat, viele andere zeigen sich entsetzt. Zügige Ermittlungen, die auch die Netzwerke des Verdächtigen nicht aussparen, sind notwendig. Doch was lässt sich darüber hinaus festhalten?
1. Die Querdenken-Bewegung wurde systematisch von Teilen der Politik, Medien und Behörden verharmlost. Für alle war offen zu sehen, dass sie in den vergangenen Monaten zwar an Mobilisierungsfähigkeit einbüßte, dafür aber in Teilen eine extreme Radikalisierung durchlief. Übergriffe aus Demonstrationen heraus waren üblich, dazu gab es auch Anschläge auf Impfzentren. Vor allem die Union und die FDP wollten die potenzielle Wählerschaft jedoch nicht verlieren – oder die Bewegung gar für eigene Ziele einspannen. Sie zeigten sich gesprächsbereit und verständnisvoll, wo klare Abgrenzung und Benennung der Gefahr nötig gewesen wären. Einige Medien und Sicherheitsbehörden taten dies ebenso.
2. Die hiesigen Waffengesetze und Kontrollen sind auch nach den Anschlägen von Hanau und Halle offensichtlich weiterhin unzureichend. Erneut verfügte ein Täter über Schusswaffen und Munition, obwohl er keine entsprechende Erlaubnis dafür besaß. Wieso ist so etwas trotz aller Beteuerungen immer noch möglich? Und wieso wurde die extreme Rechte in Deutschland noch nicht entwaffnet?
Die bittere Antwort: Weil rechter Terror für die amtierende Bundesregierung trotz aller Lippenbekenntnisse keine große Rolle spielte. Genauso wenig übrigens im Wahlkampf der neuen Kanzlerkandidaten.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.