Brandenburg ist Klassenbester

Wirtschaftsminister Steinbach: Kein Bundesland ist weniger beschädigt durch die Coronakrise gekommen

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der brandenburgische Arbeitsmarkt im Zeichen dynamischer Erholung«, so lautet an diesem Donnerstag das Thema der Aktuellen Stunde im Landtag. Die SPD-Fraktion hat das auf die Tagesordnung gesetzt. Bereits am Montagabend verkündete Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), von allen Bundesländern habe Brandenburg die Coronakrise wirtschaftlich am besten gemeistert. Er sagte dies vor dem märkischen Wirtschaftsforum im Potsdamer Dorint-Hotel.

Allerdings musste er hinzufügen, dass dies auch mit Dingen zusammenhängt, die für sich betrachtet weniger erfreulich sind. Sicherlich sei es einzelnen Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren »richtig schlecht« gegangen, und vorbei sei die Krise noch nicht, räumte Steinbach ein. Doch mit der Nachricht vom »großen Ganzen« hoffe er zu überraschen und zu motivieren: »Es ist egal, welchen Parameter man wählt – wir sind in Brandenburg mit Abstand am besten aus der Krise gekommen.«

So habe der Einbruch des Bruttoinlandsprodukts deutschlandweit 5 Prozent betragen, in Ostdeutschland 4 Prozent, in Brandenburg 3,1 Prozent. Das Hotel- und Gaststättengewerbe musste laut Steinbach im nationalen Maßstab einen Einbruch um 39 Prozent verkraften, in Brandenburg sei es nur die Hälfte davon gewesen. Die Arbeitslosigkeit sei im Deutschland-Maßstab um 18,9 Prozent gestiegen, in Brandenburg lediglich um 7,3 Prozent. Kurzarbeit gebe es noch im Bundesland, doch betreffe dies nur jede 20. Firma. Was die Insolvenzen angehe, liege die aktuelle Zahl sogar um 10 Prozent unter dem Wert von vor der Coronakrise. Ja, schloss Steinbach, »wir sind am wenigsten beschädigt aus der Krise gekommen«.

Natürlich, musste er einräumen, hänge dies auch damit zusammen, dass die Außenwirtschaft Brandenburgs gering ausgeprägt sei und die Unternehmen »weniger stark« von internationalen Lieferketten abhängen. Was sonst negativ wahrgenommen werde, habe sich in der Coronakrise positiv ausgewirkt. Ein erneuter massiver Corona-Ausbruch könne jedoch all dies »wie ein Kartenhaus zusammenbrechen« lassen, warnte Steinbach. Aber es gebe Anlass zur Hoffnung, dass im Frühjahr 2022 »alles überstanden« sein werde.

Vor allem mit Blick auf die Tesla-Ansiedlung in Grünheide sprach der Minister von einer »klaren Perspektive«, dass Brandenburg ein Industrieland werde. Damit würde Brandenburg sein, was es vor 1990 schon gewesen ist. Steinbach betonte: »Ich stehe dafür, dass die Reindustrialisierung fortgesetzt wird.« Er zählte mehrere Ansiedlungen auf und versprach bis Jahresende »noch zwei zusätzliche Schlagzeilen«.

Der neue Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld habe für »enorme Ansiedlungen« gesorgt. Derzeit könne nur 87 Prozent aller Anfragen entsprochen werden. Es gelte, neue Gewerbeflächen zu schaffen.

Scharf kritisierte Steinbach die Art und Weise, wie sich der dänische Windradproduzent Vestas aus Lauchhammer zurückziehe: »Das ist uns noch nicht untergekommen.« Doch angesichts des Fachkräftemangels allenthalben könne man sicher sein, dass die überwiegende Zahl der Mitarbeiter binnen kurzer Zeit einen neuen Job finden, versicherte der Minister. 60 benachbarte Firmen würden sich im Oktober um Arbeitskräfte am Standort bemühen. Dabei spiele eine Rolle, dass das Durchschnittsalter der nun mit ihrer Entlassung konfrontierten Beschäftigten von Vestas mit 48 Jahren relativ hoch sei. Unternehmen würden jetzt gern auf erfahrene Fachleute zurückgreifen. »Um die Lausitz ist mir nicht bange«, versicherte Steinbach.

Der Minister ist überzeugt, dass in der Tesla-Fabrik in Grünheide noch im laufenden Jahr das erste Elektroauto vom Band rollen werde. Schon seien am Standort 2000 Menschen beschäftigt, im Endausbau würden es 10 000 sein.

Übrigens teilte Sophia Eltrop, Geschäftsführerin der Potsdamer Stadtwerke, beim Wirtschaftsforum mit, in der Landeshauptstadt gebe es derzeit 37 Ladestationen für E-Autos. Deren durchschnittliche Auslastung betrage aber lediglich vier Prozent. Drei Viertel der Ladestationen werden »sehr selten« genutzt. Angesichts von Forderungen aus der Politik, mehr Ladesäulen zu errichten, meinte Eltrop, zuvor müsse erst einmal die Nachfrage mitwachsen.

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