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Ein armes Schwein verzückt die Welt

Weltstar Lionel Messi glänzt erstmals für Paris und ist sich für die Drecksarbeit nicht zu schade

  • Sven Goldmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Paris. Der Augenblick des Abends? Kurz vor elf am Dienstag, es sind noch ein paar Minuten zu spielen und Manchester City drängt auf Kompensation. 0:2 liegt der englische Meister zurück in diesem spektakulärsten Duell des zweiten Spieltags der Champions League. Ein Tor soll es schon sein gegen die neureichen Leidensgefährten von Paris Saint-Germain, und da kommt der Freistoß aus halb rechter Position gerade recht. Riyad Mahrez legt sich den Ball zur Exekution zurecht. 20 Meter sind es zum Tor; zur Verteidigung baut sich eine Pariser Mauer auf, samt dem armen Schwein, das sich direkt dahinterlegt, auf dass der Ball auch dann nicht ins Tor gehe, wenn alle in der Mauer hochspringen und der Schütze flach schießt.

Das arme Schwein heißt: Lionel Messi.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Der beste Fußballspieler der Welt ist sich nicht zu schade für den undankbarsten Job. Das ist die interessanteste Nachricht aus dem Pariser Prinzenpark: dass sich der große Messi so klein machen kann, wenn es denn dem Erfolg der Kollegen dient. Ein paar Minuten zuvor hat er das zweite Tor für PSG geschossen, ein typischer Messi-Treffer mit Dribbling, Doppelpass und perfektem Abschluss. Niemand hat daran gezweifelt, dass Messi auch mit 34 Jahren noch auf höchstem Niveau spielen kann, auch wenn es in zuvor drei Spielen für PSG zu keiner Torbeteiligung gereicht hatte. Aber dass er sich nach 20 Jahren in Barcelona mit all den Titeln und Lobpreisungen bei seinem neuen Klub nicht zu schade ist für die Arbeit ganz unten, im wörtlichsten Sinne - wer hätte das gedacht?

PSG gegen City war ein Spiel auf höchstem Niveau mit eher geringer Akzeptanz bei den Traditionalisten. Beide Klubs sind in Europa ungefähr so beliebt wie RB Leipzig in der Bundesliga, was ein bisschen ungerecht ist, weil Leipzig ja immerhin die Ochsentour aus der Viertklassigkeit bis in die Bundesliga auf sich genommen hat. Manchester und PSG waren einfach nur da und haben sich mit arabischem Geld zuschütten lassen. Aber beide spielen sie jetzt auf einem schwer zu überbietenden Niveau und am Dienstag zudem in dazu passenden Farben: PSG im Blau-Rot des FC Barcelona, City im Blütenweiß von Real Madrid. PSG gegen City, das könnte ein europäischer Clásico werden.

Die traditionelle Kundschaft tut sich schwer, diesen Anspruch zu akzeptieren, aber die Ergebnisse lügen nicht. Barça hat sein erstes Spiel in der Champions League schmeichelhaft knapp 0:3 gegen Bayern München verloren, Real war am Dienstag beim sensationellen 1:2 daheim im Bernabéu nicht gut genug für den moldauischen Meister Sheriff Tiraspol. Noch mal: nicht gut genug für den moldauischen Meister! Wer konnte den bis Dienstag schon fehlerfrei buchstabieren?

Die Welt ändert sich und mit ihr der Fußball, ob uns das nun gefällt oder nicht. Solange es so schön anzuschauen ist wie das Pariser 2:0 im Petrodollarduell gegen City, wird die Welt damit leben können. Und ihren durchaus berechtigten Unmut vielleicht damit kompensieren, dass sich der größte Fußballspieler der Welt nicht zu schade ist für den Part des ärmsten Schweins auf dem Platz.

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