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Von den Zielen zum Weg
HEISSE ZEITEN - DIE KLIMAKOLUMNE: Im Wahlkampf wurde viel von der angestrebten Klimaneutralität geredet. Jetzt geht es um konkrete Schritte dahin
Klimaschutz war eines der wichtigsten Themen bei der Bundestagswahl, aber es blieb meist bei oberflächlichen Versprechungen. Der richtige Weg zur Klimaneutralität und die notwendigen Instrumente und Maßnahmen spielten in der öffentlichen Debatte kaum eine Rolle. Das werden die Parteien bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag nicht mehr fortsetzen können. Jetzt braucht es auch einen Konsens über den Weg zum Ziel. Und diese Einigung wird wesentlich schwieriger als ein generelles Bekenntnis zum Klimaschutz.
Das wichtigste Thema für den Weg zur Klimaneutralität ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Denn Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen mindern nur dann Treibhausgase, wenn sie mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Alle Parteien sind sich einig, dass mehr Solar- und Windenergie notwendig ist, konkrete Ausbaupfade haben jedoch nur die Grünen formuliert. Sie wollen den Strombedarf schon bis 2035 vollständig aus Ökostrom decken. Auch schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren haben alle Parteien im Wahlkampf versprochen, aber wenig konkrete Aussagen gemacht, wie dies erreicht werden soll. Die Union und die FDP möchten keine Fördermittel mehr für Erneuerbare ausgeben, für den Ausbau soll allein der Markt sorgen. Das funktioniert zwar inzwischen in manchen Bereichen, wo Photovoltaik oder Windenergie die kostengünstigsten Alternativen sind, aber nicht generell für den gesamten Ausbau aller technologischen Optionen. Und der Markt stellt nicht sicher, dass die Ausbauziele tatsächlich erreicht werden. Daher kann die Ausgestaltung der künftigen Erneuerbaren-Förderung dann doch zu einem erheblichen Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen werden.
Ein weiterer Knackpunkt für den Klimaschutz und das Erreichen der Klimaziele ist der Zeitpunkt des Kohleausstiegs. SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz hat sich im Wahlkampf gegen einen früheren Kohleausstieg ausgesprochen und hält am Zieljahr 2038 fest. Die Grünen wollen ihn noch vor 2030. Bei hohen CO2-Preisen wird die Kohle automatisch aus dem Markt gedrängt. Einen solchen Mechanismus stellt sich die FDP vor, aber auch die Grünen wollen den Ausstieg über den CO2 -Preis und keinesfalls über weitere Entschädigungszahlungen an Betreiber.
Damit ist dann das nächste Konfliktthema benannt: der CO2 Preis, der einerseits durch die Emissionsgrenze im europäischen Emissionshandel für Kraftwerke und Industrieanlagen zustande kommt und andererseits durch den nationale Brennstoffemissionshandel für Verkehr, Gebäude und kleine Industrieanlagen. Die Grünen möchten einen nationalen Mindestpreis von 60 Euro für Anlagen im europäischen Emissionshandel. Die SPD will keinen Mindestpreis, sondern eher Mechanismen, die hohe Preise ausschließen, und fürchtet soziale Belastungen. Dagegen setzt die FDP ganz auf den Emissionshandel als praktisch einziges Instrument. Gelöst werden können diese Widersprüche eventuell dadurch, dass sich die Parteien beim CO2-Preis einigen, die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Verschärfung des EU-Emissionshandels und zur Einführung eines zweiten Emissionshandelssystem für Verkehr und Gebäude zu unterstützen. Eine Einigung beim Thema CO2-Preise kann auch durch einen Mechanismus zum sozialen Ausgleich zustande kommen. Die SPD möchte hier einen Pro-Kopf-Bonus, die Grünen ein Energiegeld für jede Familie und die FDP eine Klimadividende, während die Union keinen Rückerstattungsmechanismus im Programm hat.
Große Differenzen wird es insgesamt bei der Ausgestaltung des Instrumentenmix geben: Verbote und Ordnungsrecht sind bei Union und FDP Tabu. Aber Ordnungsrecht ist häufig wesentlich kostengünstiger, um Klimaschutz schnell durchzusetzen. Wenn man mit Fördermitteln versucht, Öl- und Gasheizungen unattraktiv zu machen, wird das sehr teuer für den Staat. Und ohne Steuererhöhungen ist das wohl kaum finanzierbar. Der Koalitionsvertrag – egal welcher Koalition – wird zeigen, ob das knappe Zeitfenster, das bleibt, um die Klimaziele zu erreichen, genutzt wird oder ob wir eine dauerhafte Klimakrise für die Generation besiegeln, die in der letzten Woche in mehr als 400 Städten für mehr Klimaschutz protestierte.
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