Mit der Kraft von 2000 Pfeifen

Potsdamer Garnisonkirche erhält eine moderne Orgel

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Neben dem etwas abseits stehenden Glockenspiel, das für viel Verstimmung sorgt, wird ein zweiter Klangkörper mit dem umstrittenen Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche verbunden sein: die Orgel in der Kapelle des Glockenturms. Am Freitag stellte die bekannte Orgelbaufirma Schuke das anspruchsvolle Projekt vor.

Als »spannende Konzeption« und »etwas Einzigartiges« bezeichnete Organist Johannes Lang das Großprojekt. Zwei Orgelwerke unterschiedlichen Charakters (barock und romantisch) sollen Bestandteil sein, womit der Orgelbau in Ostdeutschland »neue Wege« beschreite. Die Firma Schuke, eine der renommiertesten ihrer Art hierzulande, biete Gewähr für die anspruchsvolle Umsetzung durch die Erfahrung, die sie beim Renovieren alter Instrumente gesammelt habe.

Das Geld für die Orgel stamme von einem privaten Spender. Was die Höhe der Summe betreffe, sei Vertraulichkeit vereinbart worden, sagte Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche. Konzipiert für die Kapelle im Glockenturm soll die neue Orgel verschmelzen, was die alte barocke Wagnerorgel erst gewesen ist und was sie wurde mit ihrem Umbau im 19. Jahrhundert durch die Firma Sauer, durch den eher romantische Akzente gesetzt worden sind. Die originale Orgel verbrannte bei einem Luftangriff am 14. April 1945, der die Garnisonkirche schwer beschädigte, erklärte Eschenburg.

Orgelbauer Michael Schuke fügte hinzu, das neue Instrument werde eine barocke wie auch eine romantische Orgel simulieren können, zusätzlich könne auf ihr auch »experimentelle, moderne Musik« gespielt werden. Zwar seien beide Orgelkörper elektrisch anspielbar, wie beim Orgelbau heute üblich, doch werde der Klang nicht elektronisch erzeugt, sondern ausschließlich von Orgelpfeifen. Rund 2000 Pfeifen werden verbaut, die größte fünf Meter lang, die kleinste »so groß wie ein Fingernagel«.

Neue Orgeln kosten heutzutage je nach Aufwand und Ausstattung zwischen 15 000 Euro und drei Millionen Euro. Das beim Potsdamer Projekt verwendete Zinn sei »nachhaltig«, also umweltschonend gewonnen, wird versichert. Orgelbauer Johannes Schuke erzählte, nicht jede der 400 Orgelwerkstätten in Deutschland leiste sich noch eine eigene Gießerei, in der die Pfeifen selbst hergestellt werden. Die 1820 gegründete Manufaktur Schuke Orgelbau – sie zog 2004 aus dem Holländischen Viertel Potsdams in eine Werkstatt im benachbarten Werder/Havel um – praktiziere das aber noch. Der hauseigene Pfeifengießer sei »ein wandelndes Lexikon«, versicherte Johannes Schuke. »Für unsere Traditionswerkstatt mit ihrer 200-jährigen Geschichte ist es ein ganz besonderes Ereignis, die Orgelbautradition in unserer Region fortzusetzen und diese neue Orgel für unsere Heimatstadt zu bauen.«

Der Einbau des Instruments kann erst beginnen, wenn kein Baustaub den Vorgang beeinträchtigt. Er wird also noch eine Weile auf sich warten lassen. Rund zwei Jahre werden die Orgelbauer in der Garnisonkirche zu tun haben, mit der geplanten Einweihung der Kirche im Jahr 2023 soll dann auch die Orgel fertig sein. Eine Organistenstelle ist noch nicht ausgeschrieben.

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