Deutsche Auto-Kreditverträge sind rechtswidrig: Was können Verbraucher jetzt tun?
Urteil des eugh von erheblicher tragweite
Wenn eine Bank Kreditverträge vergibt, muss sie ihre Kunden klar und verständlich belehren. Tut sie das nicht, kann der Kreditvertrag jederzeit - auch Jahre nach Vertragsschluss - widerrufen werden. In diesem Fall müssen die Verbraucher ihre Restschulden nicht mehr tilgen und haben sogar Anspruch auf Rückzahlung ihrer Anzahlung und aller bereits gezahlten Monatsraten.
Der Europäische Gerichtshof (Az. C-33/20, C-155/20 und Az. C-187/20) hat höchstrichterlich mit Urteil vom 9. August 2021 entschieden: Die von deutschen Banken verwendeten Klauseln sind europarechtswidrig. Damit stärkt der EuGH die Rechte der Verbraucher ganz massiv und kippt zugleich die bankenfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
Der BGH hatte in den letzten Jahren mehrfach entschieden, dass die Kreditverträge der Autobanken nicht zu beanstanden seien. Auch eine Klärung durch den EuGH sei nicht erforderlich. Dagegen liefen nicht nur Verbraucherschützer Sturm. Auch das Landgericht Ravensburg hatte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Rechtsprechung des BGH. Auf die Vorlage des Landgerichts Ravensburg hat der EuGH jetzt entschieden: Die von den Banken in Deutschland verwendeten Klauseln sind unklar und unverständlich.
Die Reichweite dieses Urteils ist gigantisch. Denn das Urteil betrifft Millionen von Autokrediten. Rechtsanwalt Dr. Christof Lehnen dazu: » Die Verfahren vor dem EuGH betreffen Autokreditverträge der Volkswagen Bank und der BMW Bank. Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir allerdings: Die vom EuGH gerügten Fehler finden sich in allen Verbraucher-Kreditverträgen aller in Deutschland tätigen Banken seit 2010. Es ist kaum ein Kreditvertrag denkbar, der nicht widerrufbar ist.«
Die Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig hat die Thematik erstmals im Jahr 2016 einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und im Jahr 2017 ein erstes Urteil gegen die VW Bank vor dem Landgericht Berlin erstritten. Die Rechtsprechung des BGH haben die Anwälte von Beginn an und über alle Instanzen als europarechtswidrig bekämpft. Der EuGH hat die Rechtsansicht der Verbraucherschutzexperten aus Trier jetzt bestätigt.
So entschied der EuGH, dass in dem Kreditvertrag der zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrags geltende Satz der Verzugszinsen in Form eines konkreten Prozentsatzes anzugeben und der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret zu beschreiben ist.
Noch nicht entschieden hat der EuGH die Frage, ob der fehlerhaft belehrte Verbraucher für Wertverluste des Fahrzeugs Ersatz schuldet und wie dieser zu berechnen ist. Nachdem mehrere Landgerichte entschieden haben, dass der Verbraucher keinen Wertersatz schuldet, vertritt der BGH mittlerweile die gegenteilige Ansicht.
Wie genau dieser Wertersatz zu berechnen sein soll, ist hoch umstritten und auch vom BGH noch nicht abschließend geklärt. Es bleibt spannend, wie diese Frage in der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des EuGH entschieden wird. dpa/nd
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