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Ost wie West
Erfolg im »Häuserkampf« der IG Metall: 35-Stunden-Woche gilt für Leipziger Porsche-Belegschaft ab 2025
35 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung werden die Arbeitsbedingungen in den Werken von Porsche in Ost und West angeglichen sein. Ab 1. Januar 2025 werden auch in der Niederlassung in Leipzig nur noch 35 Stunden in der Woche gearbeitet. Darauf einigten sich die Tarifparteien in dem Werk mit seinen 4300 Beschäftigten. Zuvor soll die Arbeitszeit bereits zu Anfang des kommenden Jahres von jetzt 38 auf 36,5 Stunden sinken.
Die Einigung in Leipzig ist der jüngste Erfolg in einem »Häuserkampf«, mit dem die IG Metall seit Sommer die Verkürzung der Arbeitszeit in einzelnen Unternehmen in Ostdeutschland durchzusetzen sucht. Insgesamt habe man bisher Abschlüsse in sechs Unternehmen mit elf Betrieben in Ostberlin, Brandenburg und Sachsen erzielt, sagte Birgit Dietze, die Bezirksleiterin der IG Metall, dem »nd«. Dazu zählen der Getriebehersteller ZF Brandenburg, der Automobilzulieferer SAS im sächsischen Meerane und nicht zuletzt Volkswagen mit dem Werk Zwickau, dem Motorenwerk Chemnitz und der Gläsernen Manufaktur Dresden. In der Regel werde die 35-Stunden-Woche Anfang 2026 eingeführt.
Lange versuchte die IG Metall, die Angleichung an die im Westen seit Mitte der 1990er Jahre geltende 35-Stunden-Woche im Osten in der Fläche durchzusetzen. Sie sieht es als ungerechtfertigt an, dass Beschäftigte für das gleiche Geld rechnerisch rund einen Monat pro Jahr länger arbeiten. Allerdings biss sie sich mit der Forderung die Zähne an den Arbeitgebern aus. Ein Arbeitskampf mit massiven Streiks im Jahr 2003 mündete in einer schweren Niederlage, weil der Rückhalt in den eigenen Reihen bröckelte; Betriebsräte im Westen hatten wegen der Auswirkungen auf ihre Firmen auf ein Ende der Ausstände gedrängt. Danach galt die IG Metall in der Region lange als geschwächt. Erst 15 Jahre später setzte sie das Thema wieder auf die Tagesordnung und strebte zunächst eine gütliche Einigung an. Es gab Gespräche über eine Angleichung bis 2030, die in Berlin-Brandenburg sogar Erfolg hatten, bevor der Arbeitgeberverband Gesamtmetall sein Veto einlegte. 2020 wurde ein Modell vorgelegt, das die schrittweise Absenkung der Arbeitszeit und unterschiedliche Geschwindigkeiten je nach Leistungsfähigkeit der Betriebe vorsah; auch das scheiterte.
In diesem Frühjahr änderte die IG Metall die Strategie. Sie zeigte sich bereit, an der 38-Stunden-Woche festzuhalten, aber wollte die Mehrarbeit gegenüber dem Westen wenigstens bezahlt haben. Das hätte einem Lohnplus von 8,6 Prozent entsprochen. Es gab Warnstreiks mit Tausenden Beteiligten, die allein bei Porsche Leipzig fünfmal über 24 Stunden dauerten. Eine Einigung gab es erneut nicht. Im Mai übernahm der Osten den Pilotabschluss; die 38-Stunden-Woche blieb.
Im Juli dann einigte sich die IG Metall mit den Arbeitgebern auf einen »tariflichen Rahmen«, der Lösungen für einzelne Betriebe ermöglichte. Man wolle die Strategie »Haus für Haus ausrichten« und setze »die Fläche auf diese Weise zusammen«, sagte Dietze. Das Echo war durchwachsen; der »Tagesspiegel« schrieb: »IG Metall gibt den Kampf um die 35-Stunden-Woche auf«; man konzentriere sich »auf eine Handvoll Unternehmen aus der Automobilindustrie«. Dietze betont jedoch, schon jetzt würden 64 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in Betrieben profitieren, die dem Arbeitgeberverband angehören oder dessen Tarif anwendeten. Bis Frühjahr 2022 wolle man bei 80 Prozent sein.
Bemerkenswert an der Einigung bei Porsche ist, dass die Beschäftigten keine Gegenleistung für die Arbeitszeitverkürzung erbringen müssen. Der tarifliche Rahmen würde zumindest befristete Einschnitte etwa bei Weihnachts- und Urlaubsgeld zulassen. Bei Porsche erfolge die Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit »bei vollem Lohnausgleich und ohne Tarifeinschnitte«, wie die IG Metall betonte. Dietze nannte die Einigung, der die Gewerkschaft zugestimmt hatte, »tarifpolitisch zukunftsweisend« für die Branche in der Region; zudem sei es »ein historischer Erfolg für die Menschen in Ostdeutschland«. Knut Lofski, der Chef des Betriebsrats bei Porsche in Leipzig, merkte an, die »Kolleginnen und Kollegen arbeiten seit Jahren genauso produktiv und flexibel wie im Westen«. Mit der jetzigen Einigung sei man »endlich gleichwertig in der Porsche-Familie«. Der Leipziger IG-Metall-Chef Bernd Kruppa fügte an, die Lösung »macht Mut auch für andere Belegschaften« - etwa bei BMW Leipzig.
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