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Herbststurm im Wasserglas
Regionaler Wasserverband WSE warnt vor negativen Folgen des weiteren Ausbaus der Tesla-Fabrik
Mit einer neuerlichen Warnung an die Adresse der Landespolitik hat am Wochenende der Wasserband Strausberg-Erkner (WSE) auf mögliche Folgen eines Ausbaus der Tesla-Autofabrik in Grünheide (Oder-Spree) nach deren zum Jahresende geplanten Inbetriebnahme gewarnt. Die Trinkwasserversorgung der Region östlich Berlins sei bei einem weiteren Ausbau noch immer nicht gesichert. »Wie man die Bedarfe decken will, ist völlig offen«, sagte WSE-Vorsteher André Bähler, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er verwies auch auf die Ansiedlung anderer Unternehmen wie Zulieferer sowie auf neue Wohnungen für Beschäftigte. Niemand wisse, woher das Wasser für den zusätzlichen Bedarf kommen solle. Zur Wassererschließung für die erste Ausbaustufe der Fabrik in Grünheide liegt bereits ein Vertrag vor.
Die Kritik des Verbandes, der sich mehrere Umweltverbände und auch eine große Zahl von Anwohnern anschließen, hatte US-Firmenchef Elon Musk vor zehn Tagen bei einem Tag der Offenen Tür auf der Baustelle der »Tesla-Gigafactory« zurückgewiesen. »Unsere Fabrik verbraucht sehr wenig Wasser«, sagte der Technikvisionär und Multimilliardär vor Hunderten Besuchern des Werksgeländes. Es seien Verträge mit einem Wasserversorger geschlossen worden, »der die Lieferung von hinreichend Trinkwasser gewährleistet«. Tesla veranschlagt pro E-Auto inklusive Batterieproduktion einen Verbrauch von 2,2 Kubikmetern und betont, das liege unter dem Branchendurchschnitt von mehr als drei Kubikmetern. Auch die am Standort geplante Großserienproduktion von Batterien einer neuen Generation sei nachhaltig und rohstoffsparend.
Selbst der Landkreis Oder-Spree sieht keine generelle Wasserknappheit: »In der Region besteht grundsätzlich die Möglichkeit, im Hinblick auf eine weitere demografische oder gewerbliche Entwicklung des Gemeindegebiets weitere Wasserressourcen zu erschließen«, heißt es in einer Mitteilung.
Das Brandenburger Umweltministerium sieht bisher keinen neuen Handlungsbedarf. »Für das laufende Genehmigungsverfahren über die erste Ausbaustufe bestehen vertragliche Vereinbarungen zwischen dem WSE und der Firma Tesla. Für weitere Ausbaustufen liegen hingegen noch keine Anträge vor«, erklärte das Ministerium in Potsdam am Montag auf nd-Anfrage. »Es ist dabei zu beachten, dass Wasserver- und Abwasserentsorgung eine unmittelbare Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden ist, die den WSE mit der Umsetzung beauftragt haben.« Das Land Brandenburg unterstütze die erforderlichen mittelfristig notwendigen Maßnahmen des Wasserverbandes. Beispielsweise unterstütze das Land den WSE durch die Erkundung eines zusätzlichen Grundwasservorkommens im Raum Hangelsberg (Oder-Spree). Die Arbeiten hierzu seien bereits angelaufen, so die Informationen des Umweltministeriums.
Sprecherin Frauke Zelt verwies gegenüber der Nachrichtenagentur auch auf eine Arbeitsgemeinschaft zu Wasserperspektiven für das östliche Berliner Umland. Dazu hatte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) bereits anlässlich des Weltwassertages am 22. März 2021 erklärt: »Eine geplante Großansiedlung wie Tesla zeigt, dass sich die damit verbundenen Herausforderungen durch eine Kommune oder ihren Zweckverband alleine kaum bewältigen lassen, sondern übergreifende regionale Lösungen gefragt sind.« Deshalb habe das Ministerium im Sommer 2020 die Arbeitsgruppe »Wasserperspektiven östliches Berliner Umland« ins Leben gerufen. »Nur wenn wir Wasserprobleme aus dem Blickwinkel einer ganzen Region angehen, lassen sich die vielschichtigen Interessen und Nutzungsansprüche an das Wasser miteinander verhandeln und ausgleichen.«
Die von den Kritikern befürchteten Probleme mit dem Trinkwasser hatten neue Nahrung erhalten, nachdem Musks Unternehmen seine Pläne zum Bau einer eigenen Batteriefabrik auf dem Firmengelände der Autofabrik bekannt gegeben hatte.
Tesla geht für das Autowerk bei voller Auslastung - die Jahresproduktion soll 500 000 Fahrzeuge erreichen - bisher von einem Wasserverbrauch von bis zu 1,4 Millionen Kubikmetern pro Jahr aus. Das Unternehmen hatte allerdings angesichts der anhaltenden Kritik aus der Region den Wert durch Wassersparmaßnahmen um 30 Prozent gesenkt. Frühere Planungen sahen für das gesamte Areal, das Tesla ausbauen könnte, einen theoretischen Höchstwert von 3,6 Millionen Kubikmetern Wasser pro Jahr vor. Ein Teil des Fabrikgeländes liegt im Trinkwasserschutzgebiet.
Ernste Bedenken hatte der Wasserverband Strausberg-Erkner bereits im Januar 2020, kurz nach Bekanntwerden der Tesla-Ansiedlung in der Region geäußert. »Gegenwärtig kann weder die Trinkwasserversorgung noch die Schmutzwasserentsorgung in dem von Tesla gewünschten Zeitrahmen gewährleistet werden«, hieß es damals. Eine weitere Tatsache sei, dass das Baugebiet in einer Trinkwasserschutzzone liege. Eine Grundwasserförderung für andere Antragsteller als den zuständigen Wasserversorger gefährde die öffentliche Trinkwasserversorgung.
Ebenfalls bereits im vergangenen Jahr hatte WSE-Verbandschef Bähler erstmals vor zu wenig Trinkwasser für den Fall gewarnt, dass es zu einem weiteren Ausbau der Fabrik kommt. Die rot-schwarz-grüne Brandenburger Landesregierung hatte damals darauf verwiesen, dass Gespräche dazu laufen. Nach Angaben von André Bähler finden derzeit allerdings keine Beratungen statt. »Die Diskussion, die wir mit dem Land führen, ist völlig ergebnislos«, kritisierte er. Das Brandenburger Umweltministerium erklärte dagegen, die Gespräche liefen weiter.
Auch wenn Elon Musk in Grünheide auf das Tempo drückt, um noch in diesem Jahr die Produktionsbänder anlaufen zu lassen - der Zeitplan ist weiterhin noch offen, denn die abschließende umweltrechtliche Genehmigung für das gesamte Bauvorhaben fehlt. Nach einer Online-Erörterung von mehr als 800 Einwänden von Anwohnern, Einrichtungen und Initiativen gegen die Fabrik untersuchen die zuständigen Behörden in Brandenburg, ob es erneuten Prüfungsbedarf gibt. Mit dpa
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