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Erkner soll Tesla-tauglich werden
Das Land unterstützt die Modernisierung des S- und Regionalbahnhofs der Stadt mit Fördermitteln
So ein Wochentag mitten in den Oktoberferien ist für die Erkneraner relativ ruhig, geradezu erholsam. Darauf verweist Bürgermeister Henryk Pilz (CDU) am Dienstag bei einem Treffen mit Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) in der Stadthalle, die sich am Rande eines riesigen Pendlerparkplatzes hinter dem S- und Regionalbahnhof Erkner befindet. Man merke das daran, dass es an solch einem Vormittag keinen Stau gibt und sich im Bahnhofumfeld sogar noch einige Parkplätze finden lassen. Beermann ist gekommen, um Fördermittel zu übergeben. Rund 730 000 Euro hat das Land für die Erweiterung der Fahrradabstellanlagen und barrierefreie Zugänge zu den Regional- und S-Bahnsteigen bewilligt. «Es ist ein schöner Termin», sagt der Minister, und alle Anwesenden stimmen ihm gerne zu.
Rund 12 000 Einwohner zählt das zwischen Dämmeritz- und Flakensee gelegene Erkner. Die Kleinstadt im Landkreis Oder-Spree, erst seit 1998 im Besitz des Stadtrechts, liegt unmittelbar an der Grenze zum Berliner Bezirk Treptow-Köpenick. Die von dort kommende Fürstenwalder Allee, die sich schließlich als Friedrichstraße durch Erkners Innenstadt zieht, ist an normalen Werktagen eine zuverlässige Staufalle. Sie ist seit jeher eine der meistbefahrenen Ausfallstraßen Berlins in das grüne und gewässerreiche südöstliche Umland. Zudem ist Erkner Endpunkt der S-Bahn-Linie 3 und Haltepunkt für die im 30-Minuten-Takt fahrenden Züge der Regionalexpress-Linie RE1, die zwischen Magdeburg und Frankfurt (Oder) verkehrt. Der Bahnhof, der seit 1847 besteht und an dessen Ertüchtigung seit Jahren in kleinen Schritten gearbeitet wird, ist nicht nur für die Bewohner von Erkner und Berlin wichtig, er ist ebenso ein ausgesprochener Pendlerbahnhof für viele Umlandgemeinden. Auch wenn die Verwaltung derzeit über keine genauen Angaben verfügt, heißt es, dass die Zahl der Pendler - einzig durch Corona kurzzeitig gebremst - in den vergangenen Jahren kontinuierlich kräftig gewachsen ist.
Seit 2020 sorgt nun auch noch die Autofabrik des US-Unternehmens Tesla, die im benachbarten Grünheide entsteht, für zusätzlichen Druck. Denn dort, wo eigentlich bereits seit Juli die Produktion laufen sollte, werden in absehbarer Zeit bis zu 10 000 Menschen arbeiten. Und viele von denen werden zumindest anfangs über Berlin zur Arbeit fahren müssen. Auch der näher am Tesla-Werk gelegene Regionalbahnhalt Fangschleuse wird noch für viele Monate eine Baustelle sein.
Dass Erkner mit dem Verkehrsproblem vor einem Dilemma steht, für das die Stadt auch auf mittlere Sicht keinen Ausweg finden kann, bestätigte der Bürgermeister dem «nd» unumwunden. «Wir haben dieses Problem übrigens bei Weitem nicht erst seit Tesla», sagt er. Ein Bus-Shuttle zwischen Werk und Bahnhof Erkner würde denn auch nach Überzeugung von Pilz am täglichen Stau scheitern. Aber dass das Tesla-Werk in Grünheide verkehrstechnisch nicht allein über die Autobahn A10 und den RE1 zu bedienen ist, weiß er auch. «Der Bahnhof Erkner ist ein wichtiger Zugangs- und Ausgangspunkt für die Stadt und ihre Umgebung sowie in naher Zukunft für die Mitarbeitenden der Tesla-Grünheide», heißt es beim Ministerium.
Immerhin kann die Verwaltung dank der Förderung durch das Land auf etwas Linderung hoffen. Auch wenn es ein sehr langer Weg werden dürfte, einen größeren Teil der Menschen für ihre oft weiten Wege vom Umstieg vom Auto auf Busse, Bahnen und vor allem auch auf das Fahrrad zu überzeugen. Und zwar dauerhaft und bei jedem Wetter.
«Wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr zukunftssicher machen und die Mobilität im ganzen Land attraktiv gestalten», sagt Minister Beermann. «Um die Verkehrswende voranzutreiben, müssen wir den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel erleichtern und dafür attraktive Angebote schaffen.» Ein wichtiger Mosaikstein seien dabei leistungsfähige und attraktive Bahnhöfe für Pendler und Ausflügler, wo man sowohl Autos als auch Fahrräder sicher abstellen kann. Barrierefreie Zugänge zum öffentlichen Verkehr ermöglichen auch Älteren oder Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sowie Familien mit Kindern und Kinderwagen einen bequemen und sicheren Einstieg in die Züge. Hierfür stellen wir der Stadt Erkner Fördermittel zur Verfügung.«
Die Mittel vom Land sind zum einen auf den Ausbau eines attraktiveren Angebots für Fahrradfahrer und solche, die es werden sollten, gerichtet: mehr und vor allem überdachte sowie sichere Abstellplätze in Bahnsteignähe. Bald auch eine E-Bike-Ladeinfrastruktur und ein Reparaturstützpunkt. Und mobilitätseingeschränkte Menschen sollen einen weiteren unkomplizierten barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen erhalten, der den ewig defekten Fahrstuhl entlastet. Baubeginn könnte nach Angaben der Stadt im letzten Quartal 2022 sein - dann wäre man vielleicht im Sommer 2023 fertig. Bis dahin sollte auch die Deutsche Bahn ihr Bahnhofsgebäude etwas aufgefrischt haben.
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