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Tourismus leidet länger unter Corona
Auch nach dem Ende der Lockdowns setzte sich der Abschwung in Brandenburg fort
Zwar ist das Tourismusgeschäft in der Coronazeit auch in Brandenburg eingebrochen, doch nur halb so stark wie im Bundesdurchschnitt. Das Konzept, Gäste statt eines Auslandsurlaubs zu Ferien im Inland zu locken, ist aufgegangen. Das betonte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), als er am Mittwoch die Halbjahresbilanz vorstellte. Sicher, man sei »noch weit von der Normalität entfernt«. Doch überwiege der Optimismus, so Steinbach mit Blick auf die Ergebnisse einer Umfrage der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB).
»Es sieht nicht mehr ganz so düster aus.« Immerhin gehe es um eine Branche, die »mit am härtesten von der Pandemie getroffen« sei, sagte Steinbach. Und nach dem Ende der Lockdowns habe keineswegs unmittelbar eine Erholung eingesetzt. Nach dem »verheerenden Einbruch« im vergangenen Jahr sei es noch einmal um zwölf Prozent abwärts gegangen. Die Dimension werde im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 deutlich: Die Zahl der Übernachtungen sank von rund 9,9 Millionen für die ersten acht Monate 2019 auf jetzt 6,25 Millionen. Dies sei umso schmerzlicher, als der Tourismus in den zurückliegenden Jahrzehnten noch die verlässlichsten Zuwachsraten hatte. Nun aber sei man auf den Wert von 2010 zurückgefallen, so Steinbach.
Der Rückgang der Zahl ausländischer Gäste um 54 Prozent im vergangenen Jahr konnte aber laut Steinbach teilweise kompensiert werden. Für Brandenburg habe sich der »Quellmarkt Berlin« eröffnet, und man sei guten Mutes, die Berliner Besucher längerfristig zu halten. Nicht alle Zweige habe es übrigens so schwer getroffen, wie Hotels und Gaststätten. Campingplätze und Anbieter von Ferienwohnungen hatten in den vergangenen anderthalb Jahren deutlich weniger Rückgänge zu verzeichnen. Konjunktur hatte Urlaub, bei dem sich der Mensch abkapseln kann. Steinbach sagte: »Ich habe noch nie so viele Wohnmobile unterwegs gesehen.« Angesichts der wieder zunehmenden Corona-Infektionen könne man einen erneuten Lockdown nicht »für alle Ewigkeit und grundsätzlich ausschließen«, bedauerte der Wirtschaftsminister. (Mit 911 Neuinfektionen binnen 24 Stunden wurde am Mittwoch ein Höchststand seit April erreicht.) Die mit 60 Prozent relativ niedrige Impfrate stelle nicht nur für den Tourismus, sondern für das ganze gesellschaftliche Leben ein Risiko dar. Doch ein Lockdown wäre »das letzte Mittel«.
Von 44 000 Anträgen auf staatliche Coronahilfen in Brandenburg stammten 12 200 aus dem Tourismussektor, und von den insgesamt ausgezahlten 652 Millionen Euro seien 262 Millionen an Tourismusbetriebe gegangen, informierte Steinbach.
Als Pferdefuß erweist sich die Frage der Arbeitskräfte. Laut Umfrage wurden 44 Prozent der Hotels und Pensionen von einem Teil ihrer Mitarbeiter verlassen, in der Gastronomie seien es 43 Prozent gewesen. Wie TMB-Geschäftsführer Dieter Hütte erläuterte, müsse mit verkürzten Öffnungszeiten, Schließtagen und reduzierten Angeboten gerechnet werden. Von bedeutenden Betriebsschließungen sei derzeit nichts bekannt, es gehe mit der Zahl der Unternehmen derzeit eher nach oben.
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