- Sport
- Champions League
Malmös große Fußballliebe
Zirkus Europa: Als Zlatan Ibraimovic den größten Platz der Stadt mietete
Wie überall in Skandinavien verehren sie auch in Schweden den englischen Fußball. Da trifft es sich gut, dass an diesem Dienstag der Tabellenführer der Premier League vorstellig wird. Und dass es sich dabei auch noch um Europas Champion handelt, um so besser. Malmö FF empfängt in der Champions League den FC Chelsea. Ein aufregender Tag auf einer bisher nicht ganz so erfolgreichen europäischen Reise des schwedischen Meisters. Malmö hat in drei Spielen noch kein Tor geschossen, gegen Chelsea dürften nicht allzu viele dazukommen, das Hinspiel an der Stamford Bridge ging 0:4 verloren. Aber das Volk wird jubeln und selig sein, dass der große Fußball mal wieder vorbeischaut.
So wie vor sechs Jahren, als Malmö zuletzt im europäischen Fußballzirkus gastierte und der Mann zurückkehrte, den sie hier nie vergessen werden. Der Tag, an dem Zlatan Ibrahimovic endlich wieder erschien, war ein chaotischer. Mitten in der Stadt auf Malmös größtem Platz, der passenderweise Stortorget (Großer Platz) heißt, direkt vor dem Rathaus und der Reiterstatue von König Karl X. Gustav drängten sich die Menschen. Sie grölten, tranken Bier und feierten einen der anderen. Denn Schwedens bester Fußballspieler kickte damals mit Paris St. Germain zum ersten Mal wieder dort, wo alles begann.
Früher schlicht Pokal der Landesmeister genannt, ist die Champions League heute inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Ein Blick auf den kommenden Spieltag.
Die 21 000 Karten für das Spiel waren schon Wochen vorher ausverkauft. »Aber dieses Spiel gehört ganz Malmö«, sagte Ibrahimovic, »und ich will dafür sorgen, dass ganz Malmö dieses Spiel sehen kann.« Also mietete er den Stortorget und damit die schönste Kulisse der Stadt. Und das ist ein bemerkenswerter Kontrast zu dem Malmö, in dem Ibrahimovic aufgewachsen ist.
Streng genommen kommt er gar nicht aus Malmö, sondern aus Rosengård. Einer Großwohnsiedlung im Osten der Stadt, in dem nicht Fachwerkhäuser das Bild prägen, sondern immer gleiche Fassaden von Wohnburgen aus den frühen Siebzigern: 25 000 Einwohner, 90 Prozent mit Migrationshintergrund, in ihrer überwiegenden Mehrheit Muslime. Viele kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien wie Ibrahimovic. Sein Vater ist Bosnier, seine Mutter Kroatin. In seiner Biografie schreibt Ibrahimovic: »Malmö lag vielleicht in der Nähe, aber es war eine andere Welt.« Und: »Bei uns herrschten Bierdosen, Jugomusik, leere Kühlschränke und der Balkankrieg.«
Auf einem Foto posiert er vor einer Unterführung mit seinem selbst gedichteten Aphorismus, der dort in großen Buchstaben verewigt ist: »Man kann einen Jungen aus Rosengård herausholen, aber niemals Rosengård aus einem Jungen.« Bei Malmö FF stand er mehrmals vor dem Rauswurf, weil er auf dem Platz den Ball nicht abgeben wollte, sich mit Mitspielern prügelte und dem Trainer das Rad klaute. Später ist er mal von einem Reporter nach einem Spiel gefragt worden, woher die Kratzer in seinem Gesicht kämen. Er antwortete: »Fragen sie doch mal ihre Frau!« Noch später, in Barcelona, legte er sich mit Pep Guardiola an, dem er vorhielt, dass er »mit mir einen Ferrari gekauft hat und ihn wie einen Fiat fährt«. Am Ende drohte er damit, dem Trainer bei Gelegenheit eine runterzuhauen. Den Jungen aus Rosengård hat Zlatan Ibrahimovic nie verleugnet.
Sportlich verlief Zlatans Rückkehr nach Malmö erwartbar: PSG siegte 5:0, Ibrahimovic erzielte ein Tor, und als er kurz vor Schluss ausgewechselt wurde, erhob sich das Publikum zu Standing Ovations. Jetzt ist Ibrahimovic 40 und spielt weiter auf höchstem Niveau. Am Sonntag erzielte er beim Sieg des AC Mailand in Rom sein 400. Ligator, am Mittwoch geht es in der Champions League gegen Porto. Und in Malmö lieben sie ihn immer noch, auch wenn er vor zwei Jahren die Hälfte der Aktien vom Erzfeind Hammarby IF gekauft hat. Aus so einem Jungen kann man Rosengård eben nicht herausholen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!