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Hanau muss warten
Am Donnerstag konstituiert sich der Beirat des hessischen Opferfonds – wann das Geld an die Betroffenen ausgezahlt wird, ist unklar
Das Statement von Niculescu Păun klingt müde. »Ich führe so viele Kämpfe: Ich muss für die Aufklärung kämpfen von Vilis Tod. Für die Gesundheit meiner Frau. Und dann muss ich mich auch noch um so viel Bürokratie kümmern«, heißt es auf der Internetseite der Initiative 19. Februar Hanau. Păun ist der Vater von Vili-Viorel Păun, der am 19. Februar 2020 bei dem rassistischen Terroranschlag von Hanau getötet wurde. Seine Frau und er seien nicht mehr arbeitsfähig, seit August bekämen sie kein Krankengeld mehr, klagt er.
Für Fälle wie diesen wurde im Mai 2021 in Hessen ein Fonds für Opfer extremistischer oder terroristischer Anschläge beschlossen. Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, hält unbürokratische Opferrenten für zwingend notwendig. Zu diesem Zweck soll der hessische Fonds pro Haushaltsjahr mit zwei Millionen Euro ausgestattet werden. Nur unbürokratisch zugänglich ist dieses Geld bislang nicht: Die Angehörigen von Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili-Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu sowie die Überlebenden des 19. Februar haben daraus noch keinerlei Unterstützung erhalten. Auch Anträge an das Versorgungsamt seien bisher nur in wenigen Fällen entschieden worden.
Die Familien stünden damit vor existenziellen Notlagen, kritisieren die Initiative 19. Februar Hanau und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG). »Die Landesregierung in Hessen missachtet ihr Versprechen einer unbürokratischen Hilfe«, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Auskunftsersuchen der Initiative 19. Februar bei den verantwortlichen Politiker*innen, ob und wann mit Unterstützungszahlungen aus dem Fonds zu rechnen ist, seien unbeantwortet geblieben.
Die Regierungsfraktionen CDU und Grüne wollen auf Nachfragen des »nd« keine Stellung zu der Kritik durch die Initiativen beziehen. Sie verweisen auf die Landtagsverwaltung, die für die Einrichtung des Opferfonds zuständig sei.
Vonseiten des Hessischen Landtags heißt es, der Beirat des Opferfonds habe am Donnerstag seine konstituierende Sitzung. Sprecher Tobias Rösmann erklärt, man sei bemüht, das das Verfahren so unbürokratisch wie möglich zu organisieren. Warum der Beirat sich nicht früher konstituierte, kann er auf Nachfragen nicht beantworten. Auch eine Schätzung darüber, wann die Hilfen letztlich ausgezahlt werden können, will er nicht abgeben. Der Beirat werde am Donnerstag über Zuwendungsrichtlinien beraten und entsprechende Beschlüsse fassen.
An der Kritik durch die Initiativen ändert all das nichts. Für Heike Kleffner, Geschäftsführerin des VBRG, steht fest: »Die hessische Landesregierung ist in der Pflicht: Wenn sie schnelle und unbürokratische Hilfen ankündigt, muss sie diese auch schnell und unbürokratisch bereitstellen.« Die Familien der Opfer wüssten, dass die Regierung an Recht und Gesetz gebunden ist. Doch die Regierung müsse zumindest eine Ansprechperson für die Hinterbliebenen bereitstellen und klar kommunizieren, wie die Umsetzung der Hilfen aussehe. »Kommuniziert wird immer erst dann, wenn Kritik geübt wird«, sagt sie.
Opfer brauchen Antworten. Ein Kommentar zur Aufarbeitung von Terroranschlägen
Saadet Sönmez, Obfrau für die Linksfraktion im Untersuchungsausschuss Hanau, bezeichnet den Umgang der schwarz-grünen Landesregierung mit den Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Attentats von Hanau als »würdelos und ignorant«. Sie fordert, dass die in den Opferfonds eingestellten zwei Millionen Euro noch vor Jahresende an die Berechtigten ausgezahlt werden.
Doch in der momentanen Situation ist denkbar, dass die Gelder aus dem Fonds für das Jahr 2021 nicht mehr rechtzeitig abgerufen werden können. Für das kommende Haushaltsjahr stünden dann wieder zwei Millionen Euro bereit, so Rösmann.
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