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Vorbildliche Flüchtlingsintegration
Unter der Linke-Senatorin Elke Breitenbach hat Berlin deutliche Fortschritte in der Migrationspolitik gemacht, meinen Experten
Ayten Dogan ist Bezirksverordnete der SPD im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Vor 30 Jahren ist sie mit ihren Eltern nach Deutschland geflüchtet. Wenn heute über Flüchtlingspolitik diskutiert wird, hat die kurdischstämmige Schulsozialarbeiterin einen besonders kritischen Blick: »Schule und Unterbringung waren damals wie heute ein Problem«, sagt sie. »In der Schulpolitik haben wir heute immer noch dieselben Konzepte wie vor 30 Jahren: Geflüchtete werden in Willkommensklassen separiert statt frühzeitig integriert.« Doch Dogan sieht auch Verbesserungen. So verhalten sich Zivilgesellschaft und Politik heute solidarischer.
Deutliche Verbesserungen in der Flüchtlingspolitik gibt es vor allem seit 2016, als Elke Breitenbach (Linke) das zuständige Ressort als Senatorin übernahm. Seitdem können etwa erwachsene Geflüchtete frühzeitiger Deutsch lernen. Das wirkt sich auf die Integration in den Arbeitsmarkt aus. Turnhallen und Flughafenhangars, in denen Menschen zwischen 2015 und 2017 ohne Privatsphäre Bett an Bett schliefen, gehören der Vergangenheit an. Stattdessen entstanden 8000 Plätze in modularen Unterkünften, in denen Familien eigene Sanitärräume und Küchen haben. Das sind immer noch viel zu wenig, aber es ist ein Anfang. Berlin hat sich zu einem »sicheren Hafen« für Flüchtlinge erklärt und ist dank Rot-Rot-Grün, aber auch dank des Engagements der Zivilgesellschaft bereit, Menschen von den griechischen Inseln und aus der belarussisch-polnischen Grenzregion aufzunehmen, was aber oft durch den Bund verhindert wird. Die Stadt hat zudem eine unabhängige Beschwerdestelle für Geflüchtete geschaffen und will deren politische Teilhabe ermöglichen. Und es gibt deutlich mehr Menschen, die sich professionell in lokalen Initiativen, bei Unternehmen oder wie Ayten Dogan in der Kommunalpolitik für die Integration von Flüchtlingen engagieren.
Da ist zum Beispiel Monika Wilczek von der Charité. »2015 und 2016 wurde die Wirtschaft angesprochen, die Geflüchteten in Arbeit zu integrieren«, erinnert sie sich. Doch die Wirtschaft musste erst Wissen über den gesetzlichen Rahmen erwerben. Wer darf überhaupt arbeiten? Was bedeutet welcher Aufdruck in der Aufenthaltserlaubnis? Und was ist, wenn bei einem Arbeitnehmer der Heimatpass abläuft? »Wir haben gelernt, dass es mit den Geflüchteten willige, engagierte Menschen gibt, die gern arbeiten. Aber es gab auch Schwierigkeiten«, sagt Wilczek, die heute Regionalbotschafterin des Netzwerks »Unternehmen integrieren Flüchtlinge« ist. Beispielsweise mache es die Lage mancher Unterkünfte am äußersten Stadtrand mit schlechtem Nahverkehrsanschluss oft unmöglich, pünktlich zur Schicht zu kommen, so die Regionalbotschafterin. Hinzu käme, dass die beengten Wohnverhältnisse dazu führen, nachts keine Ruhe zu finden. Als positiv empfindet Wilczek die hohe Bereitschaft von jungen Flüchtlingen, eine duale Ausbildung zu absolvieren - und das auch in Berufen, wo Nachwuchs besonders gesucht wird. Für Auszubildende seien fachspezifische Deutschkurse dringend nötig, sagt dazu Daniel Steier, der ebenfalls dem Netzwerk angehört. Er fordert den Senat auf, diese Kurse an den Oberstufenzentren anzubieten. Dort würden junge Geflüchtete ohnehin lernen. »Das Problem haben wir bis heute nicht gelöst.«
Die Berliner Abgeordnete Susanna Kahlefeld (Grüne) will bei der Arbeitsmarktintegration ein anderes Problem dringend angehen: Berufliche Qualifikationen, die aus dem Ausland mitgebracht werden, müssten endlich anerkannt werden. »Da haben die Mitarbeiter in den Behörden einen Ermessensspielraum. Und das Nichtanerkennen von Ausbildungen, die nicht hundertprozentig den deutschen Standards entsprechen, ist Ressourcenverschwendung und für die Betroffenen deprimierend«, findet Kahlefeld. So müssen Physiotherapeutinnen oder Kitaerzieherinnen, die im Herkunftsland sogar ein Studium dafür absolvierten, jetzt noch einmal lernen.
Seit die Linke-Politikerin Breitenbach Integrationssenatorin ist, muss Berlin aber nicht nur Geflüchtete integrieren. In der nun zu Ende gegangenen Legislaturperiode kamen zudem 32 000 Geflüchtete neu nach Berlin, vertrieben oder geflohen vor Not und politischer Verfolgung. Sie kommen überwiegend aus Moldau, Syrien, Irak, Georgien, Afghanistan, Vietnam, der Türkei, Russland und Iran. Seit dem Sommer steigt die Zahl der Neuzugänge wieder an. Gleichzeitig hat Berlin aber auch Abwanderung zu verzeichnen von Menschen, die freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückkehren oder dorthin abgeschoben werden.
Bei einer Expertenrunde in der Senatsverwaltung für Integration mahnten haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingshelfer jüngst Defizite an: So solle Berlin bei der Vergabe von Flüchtlingsunterkünften die Stärken der Wohlfahrtsverbände konsequenter nutzen, hieß es. Die haben nur für knapp die Hälfte der Wohnheime den Zuschlag vom Land Berlin bekommen. Doch wenn ein Wohlfahrtsverband auch Kitas betreibt, hat er es leichter, Kitaplätze für Flüchtlingskinder zu organisieren. Wenn er Beratungsstellen unterhält, kann er auf qualifizierte Kräfte zurückgreifen. Soziale Arbeit in den Heimen werde bei der Vergabe der Betreiberverträge durch die Landesregierung aber nicht berücksichtigt, so die Kritik. Oft entscheide am Ende der günstigste Preis. Andere Teilnehmer forderten, Kürzungen bei Integrationslotsen und Projekten zur muttersprachlichen psychischen Versorgung von Geflüchteten rückgängig zu machen. Und auch der Zugang von Geflüchteten zu Wohnungen sei noch nicht gelöst.
Trotz aller Probleme bekam Elke Breitenbach, die per Video in die Runde zugeschaltet wurde, viel Beifall. Ihr Bemühen, die Probleme mit den Akteuren vor Ort gemeinsam anzugehen, kommt gut an. Für Kava Spartak vom Landesbeirat für Integration und Migration ist in Berlin »einiges besser gelaufen als in anderen Bundesländern«. Berlin sollte nach Auffassung des Mannes mit afghanischen Wurzeln »die Messlatte« sein, an der sich andere Bundesländer und europäische Hauptstädte orientieren.
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