Nur Corona-Karussell dreht sich weiter

Weihnachtsmärkte sind abgesagt, die 2G-Regel gilt auch für Bekleidungsgeschäfte und Friseursalons

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Die erst am Montag in Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und anderswo in Brandenburg eröffneten Weihnachtsmärkte müssen bereits diesen Mittwoch wieder schließen. Das hat die rot-schwarz-grüne Landesregierung am Dienstag beschlossen. Die erst am 15. November in Kraft getretene Corona-Verordnung sollte eigentlich bis zum 5. Dezember gelten. Sie wurde jedoch wegen weiter stark gestiegener Infektionszahlen jetzt schon verschärft.

»Wir haben eine schwierige, eine mehr als dramatische Situation in den Brandenburger Krankenhäusern«, begründete Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Maßnahmen am Nachmittag. In einigen Kliniken sei die Belastungsgrenze schon überschritten, sie mussten bereits Patienten verlegen, so Woidke. »Die Landesregierung musste schnell und entschlossen handeln.« Die neue Verordnung soll bis zum 15. Dezember gelten - wenn sie nicht vorher überholt ist.

Die aktuellen Corona-Zahlen

In den brandenburgischen Krankenhäusern werden aktuell 511 Corona-Patienten behandelt. 107 liegen auf der Intensivstation, 86 müssen beatmet werden. 15,9 Prozent der verfügbaren Betten auf den Intensivstationen sind mit Corona-Patienten belegt.

Die Zahl der gemeldeten Todesfälle stieg am Dienstag um acht auf 4041.

1,56 Millionen Brandenburger sind vollständig geimpft. Das sind 61,7 Prozent der Bevölkerung. Nur Sachsen steht mit 57,7 Prozent schlechter da. Die beste Impfquote weist mit 79,7 Prozent Bremen auf.

150 276 Einwohner Brandenburgs haben bis Montag ihre Auffrischungsimpfung, die sogenannte Booster-Impfung, erhalten. af

Alle Weihnachtsmärkte müssen nun abgesagt werden. Die 2G-Regel gilt jetzt nicht mehr allein für Hotels und Gaststätten, sondern auch für Sportplätze und Turnhallen, Schwimmbäder, Museen, Galerien, Freizeitparks, Zoos und botanische Gärten. Das bedeutet, überall dort haben nur noch Geimpfte und Getestete Zutritt. Ein negativer Coronatest reicht nicht mehr aus. Ausgeweitet wird die 2G-Regel auch auf den Einzelhandel und Friseursalons. Ausnahmen gibt es für Lebensmittelgeschäfte, Baumärkte, Apotheken, Tankstellen, die Post und Sparkassen. Dort dürfen auch Ungeimpfte hinein.

Der Einzelhandel mache einen Bruchteil am Infektionsgeschehen aus, beklagte sich der Handelsverband Berlin-Brandenburg, der Einbußen im Weihnachtsgeschäft befürchtet. Hauptgeschäftsführer Niels Busch-Petersen sprach von der »gefährlichen Tendenz, statt Brandnester gezielt zu bekämpfen, den ganzen Wald zu fluten«.

Doch damit nicht genug: Drinnen und draußen dürfen sich nun nicht mehr als fünf ungeimpfte Personen aus zwei verschiedenen Haushalten treffen. In Landkreisen mit einer Inzidenz oberhalb von 750 an drei aufeinanderfolgenden Tagen gilt für Ungeimpfte zusätzlich eine Ausgangssperre von 22 bis 6 Uhr - wenn zugleich brandenburgweit mehr als 15 Prozent der Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt sind. Diese Kriterien erfüllen jetzt bereits die Landkreise Elbe-Elster (Inzidenzwert dort zuletzt 1325), Oberspreewald-Lausitz (1359) und Spree-Neiße (1018). Dahme-Spreewald hatte am Dienstag den Wert 890 erreicht, lag damit aber erstmals über 750. In den Landkreisen mit nächtlicher Ausgangssperre werden auch automatisch die Diskotheken geschlossen. Anderswo dürfen sie noch geöffnet bleiben, aber nur von Geimpften und Genesenen besucht werden, die zusätzlich getestet sind.

Landesweit haben sich in den vergangenen sieben Tagen 600 Brandenburger je 100 000 Einwohner mit dem Coronavirus infiziert. Ausgenommen von der Ausgangssperre für Ungeimpfte sind Beschäftigte, die auf dem Weg zur Arbeit sind oder nach ihrer Schicht auf dem Weg nach Hause. Ferner gilt ab Mittwoch so wie im gesamten Bundesgebiet auch in Brandenburg die 3G-Regel für Bus und Bahn. Als Fahrgast mit Maske einsteigen darf nur noch, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Die 3G-Regel gilt außerdem am Arbeitsplatz - auch hier bundesweit.

Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Seine Ansicht nach wäre ein Lockdown von zwei bis drei Wochen angeraten, »um wieder vor die Welle zu kommen«. Erst danach sollten einige Beschränkungen für Geimpfte und Genesene wieder gelockert werden, meinte Walter. Er sprach von einem »Blindflug« der Regierung. Wenn dies so weitergehe, führe das in die »Vollkatastrophe«. Die jetzt verhängten Maßnahmen hätten etwas genützt, wenn sie früher gekommen wären. Für die inzwischen eingetretene Lage seien sie zu zaghaft, so Walter.

Ministerpräsident Woidke sagte, man habe einen »weitgehenden Lockdown für Ungeimpfte« beschlossen. Einen richtigen Lockdown könne nach derzeitiger Rechtslage nur der Bund anordnen.

Der Linke-Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer äußerte am Dienstag seine Bereitschaft, in den Ruppiner Kliniken auszuhelfen, wenn dort Not herrscht. Er ist von Beruf Krankenpfleger. Früher haben schon Genossinnen von ihm in Kliniken geholfen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.