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- Steuerwettbewerb um Superreiche
Billige Tricks zur Sanierung der Staatskasse
Eine neue Studie zeigt, wie EU-Staaten mit Steuersparmodellen um die Gunst von Superreichen und zahlungskräftigen Rentnern buhlen
Auch wenn sie derzeit in der Krise ist, gilt Portugals Minderheitenregierung der sozialdemokratischen PS als einigermaßen progressiv. Dies liegt zum einen an der liberalen Drogenpolitik des Landes, zum anderen vor allem daran, dass es Portugal gelang, nach der Eurokrise als Musterschüler der EU dazustehen und gleichzeitig seine in der Eurokrise von der internationalen Gläubiger-Troika geschlagenen Wunden zu heilen. Doch es gibt eine Sache, da ist Portugal nicht so progressiv. »Das Land hat eine der schädlichsten steuerlichen Vergünstigungen für Auswanderer in der EU«, sagt die Ökonomin und Steuerexpertin Sarah Godar. Denn wer als Rentner*in nach Portugal zieht, muss nur zehn Prozent Steuern auf seine Pension zahlen. So will das Land zahlungskräftige Seniore*nnen anlocken - auf Kosten seiner Nachbarn, die mehr Abgaben verlangen.
Godar arbeitet an der europäischen Steuerbeobachtungsstelle des renommierten Berkeley-Ökonom Gabriel Zucman in Paris. Zusammen mit Kolleg*innen hat sie diese Woche eine Studie zu neuen Trends beim Steuerwettbewerb innerhalb der Europäischen Union veröffentlicht. Dabei fanden sie heraus, dass die EU-Mitglieder sich nicht mehr nur Unternehmen mit Steuersparmodellen gegenseitig abluchsen wollen, sondern mittlerweile auch vermehrt um die Gunst von Superreichen, Rentner*innen und Fachkräften buhlen. Gab es Mitte der 1990er Jahren in der EU noch fünf gesetzliche Steuersparmodelle, mit denen Ausländer mit dickem Geldbeutel angelockt werden sollten, sind es mittlerweile 28. Und die Modelle sind »immer aggressiver geworden«, heißt es in der Studie.
Auffällig ist laut Studienautorin Godar, dass insbesondere Länder mit hohen Schuldenquoten, die in der Eurokrise häufig besonders litten, solche Steuersparmodelle anbieten. Die schädlichsten Einzelregelungen seien die italienischen und griechischen Sparmodelle für Superreiche, Zyperns Regeln für hohe Einkommen und Rentenregelungen in Zypern, Griechenland und Portugal, heißt es in der Studie. Diese Regelungen wiesen lange Laufzeiten auf, bieteten erhebliche Steuervorteile, richteten sich gezielt an Personen mit sehr hohem Einkommen oder machten keine reale wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich, um in ihren Genuss zu kommen.
So bietet Italien gleich fünf Steuersparmodelle an. Eines davon gewährt Superreichen die Möglichkeit, einen Pauschalbetrag von 100 000 Euro auf Einkommen aus dem Ausland zu zahlen. Bei einem Einkommen von einer Million entspräche dies zum Beispiel einem Steuersatz von zehn Prozent.
»Es ist nachvollziehbar, dass Länder mit hoher Staatsverschuldung wie Griechenland, Italien und Portugal derzeit nach Möglichkeiten suchen, zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren«, sagt Expertin Godar. Dass sie dabei zu billigen Tricks greifen, sei aber problematisch. »Es untergräbt die Progressivität der Einkommensteuer hier wie dort und führt auf gesamteuropäischer Ebene natürlich eher dazu, dass Vielverdiener eher weniger als mehr zu den Staatsfinanzen beitragen.«
Laut der Studie profitieren mittlerweile rund 200 000 Personen in der EU von den Steuersparmodellen. Der Schaden, der den Mitgliedsländern dadurch entsteht, beträgt demnach mindestens 4,5 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entspricht in etwa dem Budget des Erasmus-Programms für Studierende in der Union. Jedoch sind beide Zahlen mit Vorsicht zu behandeln und vermutlich kleiner als das tatsächliche Ausmaß. Denn sie beruhen vor allem auch auf Angaben der jeweiligen Steuerbehörden. Und besonders jene mit den aggressivsten Steuersparmodellen sind diesbezüglich eher verschlossen. »Malta, Zypern und Italien haben gar nicht auf unsere Nachfragen geantwortet«, sagt Godar. In Griechenland sei man immer wieder an eine andere Stelle verwiesen worden, so dass man auch von dort letztlich keine valide Antwort bekommen habe.
Unterdessen darf die Aufregung über die Vergünstigungen für Superreiche nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Steuerwettbewerb um Unternehmen weiterläuft. Insbesondere bei Forschung und Entwicklung bieten EU-Staaten immer mehr Vergünstigungen an. »Steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung sind allgemein beliebt, denn gegen mehr Forschung und Entwicklung kann ja eigentlich niemand etwas haben«, erklärt Godar. Es könne aber auch hier passieren, dass multinationale Unternehmen ihre Tätigkeiten nur von einem Land ins nächste verlagern, anstatt sie insgesamt auszuweiten. So drohe der EU als Ganzes ein Minusgeschäft, weil dadurch auf Steuereinnahmen verzichtet werde.
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