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  • Rechte Coronaproteste in Berlin und Brandenburg

Im Fahrwasser sächsischer Coronaleugner

In Bernau haben Impfgegner starken Zulauf – rechte Akteure mobilisieren zu Demonstrationen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit Trommeln und Fackeln zieht der Zug am Dienstagabend durch die Innenstadt von Bernau (Landkreis Barnim). Auf dem Marktplatz wird zu Trommelwirbel rhythmisch skandiert: »Frieden, Freiheit, keine Diktatur.« 1250 Menschen protestieren hier gegen Maßnahmen, die das aktuelle Infektionsgeschehen der Corona-Pandemie einschränken sollen, schätzen Beobachter*innen gegenüber »nd«.

Seit Dienstag gilt angesichts der hohen Inzidenzen und Intensivbetten-Auslastung mit Covid-19-Patient*innen in den regionalen Kliniken eigentlich eine Teilnahmebegrenzung bei Kundgebungen auf 500 Personen. Auflagen zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, der die Ansteckung mit dem Coronavirus deutlich verringern kann, gibt es in Brandenburg nicht. Dass sie das Tragen einer solchen Maske ohnehin ablehnen, zeigen die Demonstrant*innen am Dienstagabend deutlich. Plakate sprechen von »Impfzwang«, andere fordern »Hände weg von unseren Kindern«.

Vor einer Woche wurde laut des Regionalmagazins Bernau Live in Bezug auf die Coronapandemie von »Theater«, »Fehlalarm« und »Völkerverarschung« gesprochen.
Innerhalb von nur vier Wochen sind die Zahlen von 150 auf jetzt 1250 Teilnehmende an Kundgebungen gestiegen, die aus dem Umfeld sogenannter Mahnwachen entstanden sind, die Gruppen mit Namen wie »Querdenken 333 – Barnim« oder »Barnim steht auf« und »Querdenken 330 – Oberhavel steht auf« wöchentlich organisiert. Eine große Anzahl Berliner Autokennzeichen in der Stadt an jenen Abenden wie auch am Dienstag weist darauf hin, dass diese Demonstrationen einen hohen Zulauf aus dem Umland haben. Auf Mobilisierungs-Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram werden verschwörungsideologische Inhalte und Reden der AfD-Politikerin Alice Weidel geteilt. Macher des Video-Formats Compact TV der extrem rechten, verschwörungsideologischen Zeitschrift Compact, die ihren Sitz in Werder/Havel hat, waren vor Ort.

»Anders als beim Aufmarsch am 4. Dezember in Cottbus, wird der Protest in Bernau bislang nicht von formierten Rechtsextremisten und Hooligans dominiert«, erklärt das Aktionsbündnis Brandenburg auf nd-Nachfrage.

Die Berliner Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) schätzt ein, dass es in den vergangenen Wochen »eine neue Dynamik« in den verschwörungsideologischen Protesten der regionalen Szene der Pandemieleugner gab, in der sich Protagonist*innen weiter radikalisiert hätten.

»Sie sehen in den derzeit öffentlich diskutierten sowie in den bereits beschlossenen Maßnahmen nun diejenigen Prognosen bestätigt, die in den Verschwörungsnarrativen seit Monaten auf Messengerdiensten wie Telegram verbreitet wurden«, heißt es in einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Erklärung. »Die 3G-, 2G- und 2G+-Regelungen im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie führen für nicht geimpfte Personen bereits jetzt zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens, und eine mögliche Impfpflicht dürfte die gesellschaftlichen Spaltungen und Verhärtungen noch verschärfen.« Mit den stärkeren Zugangsbeschränkungen nähmen auch die direkten Konfrontationen von Impf- und Maskenverweigernden mit denjenigen zu, die entsprechende Maßnahmen durchsetzen sollen. Damit steige die Wahrscheinlichkeit gewalttätiger Angriffe. Personen, die für Gegner*innen dieser Versammlungen gehalten werden, sowie Pressevertreter*innen vor Ort seien ohnehin gefährdet.

Mobilisierungserfolge für verschwörungsideologische Proteste seien vor diesem Hintergrund wahrscheinlich.

Ab 15. Dezember werden in Brandenburg voraussichtlich Versammlungen mit mehr als 200 Teilnehmern nicht mehr zulässig sein. Wenn landesweit mehr als zehn Prozent der Intensivbetten mit Corona-Patienten belegt sind und die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oberhalb von 350 liegt, soll die zulässige Teilnehmerzahl in dem betreffenden Landkreis auf 200 herabgesetzt werden. Beide Bedingungen sind momentan flächendeckend erfüllt. Allerdings ist auch davon die Rede, dass Ausnahmen genehmigt werden könnten. Darüber beschließen will das Kabinett am kommenden Dienstag.

Für Samstag den 11. Dezember, mobilisieren verschiedene rechte Gruppen zu Kundgebungen ab 15 Uhr im Regierungsviertel. Unter anderem gibt es laut dem antifaschistischen Portal Berlin gegen Nazis eine Anmeldung unter dem Motto »Ja zur Freiheit Nein zur Impfpflicht - Jugend steht auf Impfstreik Deutschland«. Eine Route soll demnach vom Washingtonplatz am Hauptbahnhof über die Rahel-Hirsch-Straße und die Willy-Brandt-Straße zum Bundeskanzleramt und von dort über die Heinrich-von-Gagern-Straße, die Scheidemannstraße, die Wilhemstraße zum Kapelle-Ufer und schließlich über die Hugo-Preuss-Brücke zurück zum Washingtonplatz führen.

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