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Portugal geht in den Lockdown
Eine katastrophale Lage wie im vergangenen Januar soll mit allen Mitteln verhindert werden
Das kleine Portugal ist, was die Impfquote angeht, in der EU vorbildlich. Fast 90 Prozent der Bevölkerung über 12 Jahren sind vollständig geimpft. Trotz allem steigen die Fallzahlen auch in Portugal, weshalb das Land schon wieder den Notstand ausgerufen und strengere Maßnahmen wie eine Maskenpflicht sowie eine Testpflicht für große Bereiche eingeführt hat. Nach Weihnachten und Neujahr soll die Bevölkerung sogar für eine Woche in den Lockdown gehen. Mit allen Mitteln soll eine katastrophale Lage wie im vergangenen Januar vermieden werden, als das Gesundheitssystem kollabierte, das Land weltweit der Hotspot war und sogar die Bundeswehr zum Hilfseinsatz nach Lissabon eingeflogen wurde.
Deshalb agiert die Regierung von Antonío Costa nun präventiv. In der »Woche zur Eindämmung der Ansteckung« soll vom 2. bis zum 9. Januar 2022 nach Möglichkeit nur im Homeoffice gearbeitet werden. Bars, Restaurants und Diskotheken bleiben dann geschlossen, und der Schulbeginn wird um eine Woche auf den 10. Januar verschoben. »Wir alle wollen ein sicheres Weihnachtsfest, und danach wollen wir den Alltag wieder sicher aufnehmen«, sagte Costa, der einen Drahtseilakt versucht: Er will das Weihnachtsgeschäft in dem armen Land retten und geht damit das Risiko ein, dass sich die Situation zuvor wieder deutlich verschlimmern kann. Tatsächlich ist die Lage bisher undramatisch - zumindest im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt aktuell bei 303 pro 100 000 Einwohner und damit etwas niedriger als beispielsweise in Deutschland. Die »rote Linie« hatte der sozialistische Regierungschef bei 240 festgelegt. Die wurde bereits Anfang Dezember überschritten, eine Woche später als erwartet.
»Wir stehen zwar besser als die meisten europäischen Länder da, aber nicht so gut, wie wir es gerne hätten«, sagte Costa. Der Druck auf das schwache Gesundheitssystem steigt mit der Inzidenz ebenfalls wieder unangenehm. Es wird auch eine »stark steigende Tendenz« bei der Belegung von Intensivbetten festgestellt. Allerdings verweisen die Experten auf das Vorjahr. In den ersten neun Tagen im Dezember 2020 waren ähnlich viele Fälle und eine ähnlich hohe Inzidenz verzeichnet worden. Doch die Wirkung der Impfungen lässt sich nun gut verdeutlichen. Starben im Vorjahreszeitraum insgesamt 1477 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion, waren es nun mit 169 etwa achtmal weniger. Anfang Dezember lagen knapp 1000 Infizierte in Krankenhäusern, vor einem Jahr waren es mehr als 3300.
Deshalb setzt die Regierung auch darauf, die Impfkampagne voranzutreiben, um möglichst - ohne Zwang - alle Menschen zu impfen, die man impfen kann. Auch Kinder ab fünf Jahren werden schon geimpft, und das Boostern läuft ebenfalls. Unklar ist, welche Rolle die Omikron-Variante spielt, die deutlich ansteckender sein und auch den Impfschutz zum Teil aushebeln soll. Einige Dutzend Fälle sind in Portugal schon bestätigt, die Dunkelziffer dürfte hoch sein, da nur wenig sequenziert wird.
Die Costa-Regierung geht auch davon aus, dass die relativ hohen Inzidenzen zu einem Teil ins Land importiert wurden. Deshalb müssen Geimpfte und Genesene nicht nur beim Besuch eines Hospitals oder Krankenhauses einen negativen PCR-Test vorweisen, sondern alle Besucher, egal auf welchem Weg sie ins Land kommen. Denn auch in Portugal ist bekannt, dass Geimpfte infiziert sein und das Virus verbreiten können. Das will das Land unterbinden, allerdings stößt der nachvollziehbare Alleingang in Brüssel auf große Skepsis. Dort will man offenbar daran festhalten, die Reisefreiheit allein über den »Covid-Pass« weiter zu ermöglichen, um den Impfanreiz zu verstärken, obwohl das nach den bisherigen Erfahrungen wenig sinnhaft ist.
Der portugiesische Weg ist ein Ergebnis der Analyse, dass die Inzidenz in bei Touristen beliebten Gebieten besonders hoch ist. In und um Faro an der Algarve ist sie sogar mehr als doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt. Die Algarve-Region weist die höchste Inzidenz im ganzen Land aus. Dort wird längst von einer »besorgniserregenden« Lage gesprochen, wobei auch dort die Hospitäler noch nicht überlastet sind, wie betont wird.
Das Phänomen ist auch beim spanischen Nachbarn gut zu beobachten, wo man ebenfalls über die Einführung von allgemeinen PCR-Tests vor der Einreise debattiert. Zum Beispiel in dem bei Briten sehr beliebten Urlaubsort Benidorm an der Mittelmeerküste Costa Blanca ist die Inzidenz mehr als doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt. Etwas mehr als die Hälfte aller Infektionen werden dort bei Urlaubern registriert.
Noch deutlich zugespitzter ist die Lage im Baskenland, vor allem in der Provinz Gipuzkoa, die stark von französischen Touristen frequentiert wird. Die Inzidenz in und um das Seebad San Sebastián ist fast genauso hoch wie im französischen Durchschnitt (543). In Spanien, das auch eine besonders hohe Impfquote aufweist, liegt sie derzeit noch bei gut 150, allerdings auch mit einer deutlich steigenden Tendenz.
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