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Netzaktivistinnen kritisieren ineffektives Millioneninvestment

Die Luca-App liefert bislang kaum Ergebnisse, kostet jedoch reichlich Steuergeld. Die Geschäftsführung sieht Unzulänglichkeiten bei der Kompatibilität und nicht bei sich

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

»Irgendwann werden unsere Kinder in Geschichtsbüchern lesen, dass man bei Corona nur deshalb auf eine suboptimale App namens Luca gesetzt hat, weil ein Rapper (!) in Talkshows (!!) dazu geraten hat (& zufällig war er am Unternehmen beteiligt). Gott, ist das peinlich«, twitterte die Publizistin und ehemalige Geschäftsführerin der Piratenpartei Katharina Nocun. Zahlreiche Nutzer*innen stimmten ihr zu, denn das Konzept der App und die technische Umsetzung stehen seit Monaten in der Kritik. Die Kritik scheint den Rapper Smudo schwer zu treffen, der als Investor und Werbegesicht die Luca-App seit Monaten anpreist. »Fachfrau in ›Verschwörungstheorien‹ erfindet Verschwörungstheorie. Gott ist das peinlich.« ätzt der 53-jährige Rapper zurück und verspricht Fakten, wenn man ihm eine E-Mail zusendet. Die Bilanz seiner Luca-App ist ernüchternd. Die Kontaktnachverfolgung gelang in Bremen nur in einer Handvoll Fällen. Reihenweise flogen Sicherheitslücken auf. Zum deutlichsten Anzeichen für das kaum funktionierende Konzept wurden zuletzt die QR-Codes selbst, die in Cafés und Restaurants zum Einsatz kommen.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Eigentlich soll es ganz einfach sein: Einmal die Kamera auf den Code richten und schon sind die Daten der Besucher*innen erfasst. Mehrere Bundesländer haben das Luca-System eingekauft und Millionenbeträge dafür ausgegeben. Im Fall eines Corona-Ausbruchs sollen Gesundheitsämter die Kontaktpersonen schnell warnen können.

Einfacher löst das die Corona-Warn-App. Sie nimmt nicht den Umweg über eines der chronisch überlasteten Gesundheitsämter, die in zahlreichen Fällen die Quarantänemaßnahmen erst Wochen später per Post an die Betroffenen vermeldeten. »Die Luca-App ist im Prinzip nur die elektrifizierte Version eines langsamen und brüchigen Prozesses«, kritisiert auch Netzaktivistin Bianca Kastl. »Das eigentliche Ziel, Kontakte möglichst schnell und direkt zu warnen, lässt sich so kaum mehr erreichen, weil Gesundheitsämter schlichtweg bereits mehr als genug Arbeit in dieser Pandemie zu tun haben.«

Mit der Corona-Warn-App erreicht die Nutzer*innen die Nachricht über einen möglicherweise infektionsrelevanten Kontakt direkt auf dem Smartphone. Das Konzept setzt auf die Eigenverantwortung der gewarnten Personen, statt auf überlastete, kaum funktionierende Ämterkommunikation.

Lesen Sie auch das Interview mit dem Netzaktivisten Manuel Atug
»Luca ist bei der Kontaktverfolgung wirkungslos«

Das Bundesgesundheitsministerium teilte »nd« auf Anfrage mit, dass lediglich die QR-Codes der Luca-App, die seit dem 9. November 2021 erstellt wurden, auch von der Corona-Warn-App gelesen werden können. Beim Gang durch Berlin finden sich solche funktionierenden Codes jedoch kaum. Die meisten Restaurants und Cafés haben Luca-QR-Codes bei der Einführung der App erstellt, meist einlaminiert und seither nicht mehr verändert. Rapper Smudo sagt, die Veranstalter seien bis Anfang Dezember drei Mal über den E-Mail-Verteiler informiert worden, dass neue Codes genutzt werden sollen und sieht sich von den Internetaktivist*innen unter Druck gesetzt, die es hindrehen würden »als wenn wir (gemeint ist Luca) die Doofies sind«. Patrick Hennig, Geschäftsführer des Unternehmens Nexenio und der Culture4Life GmbH, die die Luca-App in den Umlauf brachten, sagte gegenüber »nd«, seine Unternehmen hätten sich auf die Bedarfe der Gesundheitsämter konzentriert. Dem Gesundheitsministerium wirft er vor, es habe zu lange mit der Testung und »Freischaltung der Kompatibilität« gewartet. Das Gesundheitsministerium weist auf die offenliegenden Software-Quellcodes hin, an die sich andere Projekte anpassen können.

Auch Anne Roth, Referentin für Netzpolitik bei der Linksfraktion im Bundestag, sieht im dürftigen Ergebnis des Millioneninvestments in die Luca-App ein Problem und kommentierte den tausendsten Tweet von Netzaktivist Manuel Atug: »Freue mich auf den Luca-App-Untersuchungsausschuss, der diesen Thread aus 1000 Tweets als Grundlage für den Untersuchungsauftrag hat.«

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