Tokajew bleibt der Punktsieger

Jetzt wird in Kasachstan scharf geschossen - ohne Vorwarnung

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 2 Min.

Vor fast genau einem Jahr hat der Präsident Kasachstans, Kassym-Schomart Tokajew, die Todesstrafe per Gesetz abgeschafft. Nun führt er sie durch die Hintertür wieder ein - er lässt den Sicherheitskräften freie Hand, Demonstrierende abzuknallen. So will er Ruhe im Land wiederherstellen, egal, wie viele Menschenleben das kostet. Die Strategie könnte aufgehen, denn die Proteste scheinen sich gelegt zu haben, auch wenn die Internetsperre nur wenig nach draußen lässt.

Die Bilanz ist schon jetzt erschreckend: mehr als 160 Tote und 6000 Verhaftete. Tokajew geht als Gewinner aus dieser Auseinandersetzung mit seinen revoltierenden Landsleuten hervor. Aber es ist nur ein Punktsieg in einem Spiel, das noch nicht zu Ende ist. Auch wenn die Wut der Menschen gewaltsam erstickt wird, die Ursachen des Protests bleiben: wirtschaftliche Ungleichheit, mangelnde politische Mitsprache und Repression.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Da hilft auch die Entmachtung des ehemaligen Leiters des Inlandsnachrichtendienstes nicht. Und dass Tokajew ausländische Soldaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) ins Land holt, dürfte ihn weitere Sympathien kosten in der Bevölkerung, deren Ärger eher noch verstärken; dieser könnte sich zudem gegen die rund 3,5 Millionen Russen in Kasachstan richten. Zumal Tokajew den Beistandsmechanismus der OVKS instrumentalisiert, gilt der doch nach Artikel 4 der OVKS-Charta für Angriffe von außen - nicht für innerstaatliche Konflikte. Eine angebliche Aggression durch »ausländische Terroristen« ist auch für den kasachischen Normalverbraucher leicht als vorgeschoben durchschaubar, hat doch bislang niemand diese Kämpfer ins Land einfallen sehen. So zeichnet sich die bislang eher nebulöse »Raison d’Être« der OVKS klarer ab: Aufstände im Inland niederschlagen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.