Nichts wie runter vom sinkenden Schiff

Munira Mirza will den beratungsresistenten britischen Premierminister Boris Johnson nicht länger beraten

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine besonders Getreue gibt auf: Die 43-jährige Munira Mirza, seit 14 Jahren Boris Johnsons innenpolitische Beraterin, hat am Donnerstag ihren Rücktritt angekündigt. Stets zu Diensten für den Londoner Oberbürgermeister, dann Außenminister und mittlerweile Premier, nahm sie einen »unwahren, skurrilen Angriff« von Johnson auf Keir Starmer, den Chef der Labour-Opposition, zum Anlass für ihren Schritt. Vier weitere Downing-Street-Berater folgten ihrem Beispiel, doch der Abgang der Direktorin der Politikabteilung wird den Regierungschef am meisten schmerzen. Mirzas Ehemann Dougie Smith berät Johnson auch weiterhin - vorerst.

Mirza, Tochter pakistanischer Eltern, reagierte auf Johnsons Auftritt während einer Unterhausdebatte am Montag. Dabei hatte der Premier, der wegen illegaler Partys an seinem Amtssitz während der Covid-Pandemie stark in der Kritik steht, nicht nur keine Reue gezeigt. Seinem politischen Gegenspieler Starmer, der früher als Oberstaatsanwalt gearbeitet hat, warf Johnson Untätigkeit gegen den pädophilen BBC-Moderator Jimmy Savile vor. Damit nahm der Premier eine berüchtigte, von Rechtsradikalen in den sozialen Medien lancierte Verleumdung auf. Ihm besonders ergebene Tories wie Justizminister Dominic Raab und die Chefin des Kulturressorts, Nadine Dorries, unterstützten Johnson; Finanzminister Rishi Sunak, Anwärter auf seine Nachfolge, distanzierte sich hingegen. Und Mirza sprach Klartext: »Diese skurrile Anklage gehört nicht zum normalen politischen Kampf, sondern bezieht sich auf einen furchtbaren Fall von Kindesmissbrauch.« Dass sich Johnson entgegen ihrem Rat nicht bei Starmer entschuldigte, war für Mirza Grund genug, ihr Amt zur Verfügung zu stellen.

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Dabei ist sie selbst nicht als zimperlich bekannt. Sie gilt als Urheberin von Johnsons »Kulturkrieg« gegen Londons Linke, bei dem rechts stehende Blättern sie unterstützten. Sie fand weder an Johnsons schamlosen Lügen während der Brexit-Kampagne noch an seinen Tiraden gegen Burka-Trägerinnen etwas zu beanstanden. Die Ergebnisse eines Regierungsberichts zur Diskriminierung nichtweißer Briten spielte sie herunter. Doch nun muss der Kapitän sein leckes Schiff ohne ihre Hilfe steuern. Ian King, London

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